Aufbau der Sektionen

Der erste Satz in Steiners Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der Höheren Welten“1 lautet: „In der Seele eines jeden Menschen schläft die Sehnsucht nach den Höheren Welten“. Das gilt ohne Ausnahme, betrifft jedes Menschenwesen und ist damit etwas Allgemein-Menschliches. Ein Buch, das so beginnt, muss vom Inhalt her ein christliches Buch sein – das begreifen wir sofort, wenn wir diesen ersten Satz lesen (vgl. Christus heute: Christusbewusstsein entwickeln lernen).

Die Allgemeine Anthroposophische Sektion des Goetheanum2 baut auf dieses Werk auf und auch allen anderen Sektionen3 dient es als Grundlage. Die Allgemeine Anthroposophische Sektion befasst sich also allem voran mit Christus als dem Repräsentanten des Allgemein-Menschlichen sowie mit den Fragen, die das Menschsein heute mit sich bringt: mit Selbstschulung, Meditation, mit sozialen Belangen und Forschungen zu diesen Themen.

Auch Religion und Politik haben es nötig, sich an allgemein-menschlichen Gesichtspunkten zu orientieren: Denn solange sie nicht das Allgemeinmenschliche ins Zentrum rücken, werden die Kämpfe zwischen einzelnen Gruppierungen, die einem separatistischen Geist entstammen, andauern (vgl. Religion: Zukünftige Aufgaben der Religion).

Die unterschiedlichen Berufsfelder im Umfeld der Sektionen brauchen ebenfalls den allgemein-menschlichen Blick. Es gibt kein spezifisch medizinisches Wissen, das seine Wurzeln nicht in den allgemein-menschlichen Grundlagen der Allgemeinen Anthroposophischen Sektion hätte.

Vertikale Struktur der Sektionen

Die Anthroposophische Gesellschaft als Träger und die angedachten Klassen der Hochschule stellen exklusive Ebenen dar. Ein Großteil der Anthroposophen befindet sich jedoch außerhalb davon: Auch wenn wir als Gesellschaft und Hochschule insgesamt keine 60.000 Mitglieder zählen, so gibt es doch Hunderttausende, die anthroposophische Produkte, Erkenntnisse und Methoden benützen. Wir sind alle auf unterschiedlichen Ebenen Mitarbeiter der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und der Anthroposophischen Gesellschaft. Wir alle gehören zu Rudolf Steiners Konzept der Hochschule.

Die vertikale Struktur der Sektionen ist in keiner Weise exklusiv: Sie beginnt in der geistigen Welt und reicht bis ins Alltagsleben. Steiner sprach auf der berühmten Weihnachtstagung sinngemäß davon, dass die Sektionen die anderen Ebenen „durchkreuzen“ und sie so zu Arbeitsebenen würden in Bezug auf die Qualitäten, die auf diesen Ebenen erworben werden können (vgl. Freie Hochschule für Geisteswissenschaft: Aufbau der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft). Das hat Steiner bereits ausgearbeitet.

Rudolf Steiner hat mit dieser Struktur ein Netzwerk veranlagt – alles kreuzt sich mit allem. Netzwerke sind sehr modern: Sie ermöglichen intelligente Zusammenarbeit, ohne dass spezifische Kompetenzen verloren gehen. Das moderne Leben ist auf Spezifikation angewiesen. Im medizinischen Bereich brauchen wir z.B. grundlegende medizinische Kenntnisse. Das Gleiche gilt für Erziehung, Sozialwissenschaften, für die Wirtschaft mit dem Bankenwesen und auch für all die anderen Bereiche.

Unsere Aufgabe als Hochschule für Geisteswissenschaft ist es, eine materialistische Kultur in eine spirituelle zu transformieren mithilfe der Erfahrungen, Erkenntnisse und Fähigkeiten, die wir im Umgang mit den Inhalten der Klassenstunden sammeln, aber auch bei den sehr guten Arbeitsgruppen bzw. dem Anthroposophie-Studium, das die Allgemeine Anthroposophische Sektion anbietet. Wir können alle gute Eigenschaften, Gedanken, Konzepte, Ideen ins Leben bringen und so dem Leben dienen.

Vgl. Vortrag an der Tagung „International Conference Biographywork", England 2013

  1. Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der Höheren Welten? GA 10.
  2. Rudolf Steiner, Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Der Wiederaufbau des Goetheanum, GA 260a, Dornach 1987.
  3. Mathematisch-Astronomische Sektion, Medizinische Sektion, Naturwissenschaftliche Sektion, Sektion für Landwirtschaft, Pädagogische Sektion, Sektion für Bildende Künste, Sektion für Redende und Musizierende Künste, Sektion für Schöne Wissenschaften, Sektion für Sozialwissenschaften, Jugendsektion.