Geld, Besitz und Spiritualität

Wie kann man als spirituelles Individuum, aber auch als Gesellschaft, spirituell stimmig mit Geld und Besitz umgehen?

1. Zum persönlichen Aspekt

Je mehr Geld man hat, desto mehr Freiheit hat man im individuellen Bereich. Deswegen ist das Dasein eines Bettelmönchs kein Ideal für das moderne Leben.

Es ist gut, wenn man die Möglichkeit hat, Geld zu verdienen. Und es ist ebenso gut, wenn man Leuten, die Geld haben, hilft, ihr Geld für gute Dinge auszugeben. Es ist also kein moralischer Defekt, Geld zu haben. Denn je mehr Geld man hat, umso mehr Gutes kann man damit tun.

Geld an sich ist nicht böse. Böse wird es erst, wenn man schlecht damit umgeht. Geld ist super gut, wenn ich es gut einsetze. Wenn ich gut sein möchte und glaube, Geld zu haben, würde mein Gut-Sein beeinträchtigen, stimmt etwas nicht. Dann ist das Gut-sein-Wollen ein Ausdruck von Egoismus. Geld zu haben ist eine Chance, im Sozialen etwas zu bewegen. Wenn ich fünf Millionen hätte, wüsste ich genau, was ich damit mache. Deswegen habe ich keine Hemmungen Geld anzunehmen.

Mit dem Geld, das ich mit meinen Büchern verdiente, gründete ich eine Stiftung als gemeinnützigen Geldtopf, in den auch andere Menschen etwas hineintun können. Diese Stiftung wird in der Schweiz und in Deutschland als gemeinnützig anerkannt. Wenn für ein wichtiges Projekt Geld fehlt oder wenn jemand dringend Geld braucht, habe ich immer ein bisschen zu Verfügung, das ich dahin oder dorthin verteilen kann. Sonst hätte ich nicht genug Ressourcen, um alles durchführen zu können, was ich mache. Denn ich weiß ja nie, ob für die unterschiedlichen Projekte genug Spenden hereinkommen, das gilt auch für unser IPMT.1. Wenn einmal keine Spenden kommen, muss es irgendwo eine Reserve geben, anders könnte ich dieses Risiko gar nicht tragen

Das betrifft auch die Durchführung der Aktion ELIANT.2 Sie wurde über diese Stiftung abgewickelt. Die Stiftung ist jetzt fast pleite, weil das Geld noch nicht wieder herein gekommen ist. Anders hätten wir die Aktion aber gar nicht durchziehen können, weil keiner dafür Geld ausgeben wollte, obwohl jeder die Aktion wichtig fand. Damals stellte ich mir die Frage: Mache ich es oder mache ich es nicht?

Ein funktionierendes soziales Gefüge muss aus meiner Sicht zwei Vorbedingungen erfüllen: Erstens müssen die Individuen selbstständig sein und zweitens müssen sie ein gesundes Verhältnis zum Geld haben. Die Selbstständigkeit ist natürlich das Wichtigste, das Erste. Denn wenn ich nicht selbstständig bin, bin ich abhängig vom Geld, bin ich käuflich, bin ich korrumpierbar. Unabhängigkeit ist die erste Voraussetzung für Sozialkompetenz. Menschen, die sozial schwierig sind, oder Macken haben oder korrumpierbar sind, haben alle noch etwas Adoleszentes. Sie sind nicht ganz erwachsen, stehen nicht ganz auf eigenen Füßen, sind nicht wirklich unabhängig.

Unabhängigkeit ist die erste Voraussetzung für Sozialkompetenz. Menschen, die sozial schwierig sind oder Macken haben oder korrumpierbar sind, haben alle noch etwas Adoleszentes. Sie sind nicht ganz erwachsen, stehen nicht ganz auf eigenen Füßen, sind nicht wirklich unabhängig. Wer hart an der eigenen Unabhängigkeit gearbeitet hat, braucht nur noch Interesse für das Soziale, um mit Geld gut umgehen zu können. Wer wirklich auf eigenen Füßen steht, ist bei sich angekommen. Er braucht nicht viel Besitz. Besitz ist eine Identifikationsfläche, mit der die Angst vor Verlust kompensiert wird. Wer sich noch an äußerem Besitz festhalten muss, ruht noch nicht in sich. Je unabhängiger man innerlich ist, desto ärmer kann man äußerlich sein, desto mehr Geld kann man verschenken – desto selbstbestimmter und vernünftiger kann man es ausgeben. Wenn ich allerdings zu schnell ausgebe, was ich habe, und es kommt nicht viel nach, werde ich bewegungsunfähig und kann auch nichts mehr bewegen. Man muss eine Art Balance herstellen können und sich einen gewissen Spielraum erhalten. Trotzdem könnte ich, je nachdem, was auf mich zukommt, einmal die Intuition haben zu sagen: Jetzt trenne ich mich von allem, weil es wichtiger ist, dass es an einer anderen Stelle weitergeht, als dass ich weiß, wovon ich morgen lebe. Auch das möchte ich nicht ausschließen.

Wichtig ist, dass man sich all dieser Möglichkeiten und Zusammenhänge bewusst ist. Wenn ich weiß, welchem Sinn es dient, gebe ich sehr gerne Geld aus. Wenn mir jedoch nicht ganz klar ist, wem ich damit diene, behalte ich mein Geld lieber, z.B. wenn ich nicht sicher bin, ob ich anderen damit wirklich helfe oder ob ich nur ihre Bequemlichkeit fördere – denn Geld macht auch bequem. Damit dient man niemandem. Soviel zum persönlichen Aspekt.

2. Zum gesellschaftlichen Aspekt

Es gibt aber auch noch einen gesellschaftlichen Aspekt – dazu kann ich euch nur raten: Studiert den Nationalökonomischen Kurs.3 Studiert Steiners Geldtheorie. Das ist die Zukunft. Denn das Geldwesen, das wir heute haben, die gängigen Geldtheorien, das Zinswesen – all das ist, wie Steiner sagt, ein Krebsgeschwür. Die Geldwirtschaft macht Blasen, die platzen müssen. Das sieht heute jeder. Diese Blasen muss man zum Platzen bringen. Steiner war der Erste, der das knallhart sagte: „Geld muss sich verbrauchen.“4 Man muss es ausgeben. Man darf es nicht anlegen und krebsartig wachsen lassen, sonst zerstört es das soziale Leben.

Ich bin auch erst vor kurzem für die Brisanz dieses Themas aufgewacht. Ich wohne in Dornach, in der Nähe von Basel. Die Basler Chemie ist sehr berühmt und sehr reich. Unlängst stand bei uns in der Zeitung, die Basler Chemie würde nur noch zu 7 % Realwirtschaft betreiben. 93 % der Firmeneinnahmen beruhen auf Börsengewinnen, auf rein virtuellen Geschäften. Die Medikamenten- und Drogenherstellung und die real geleistete Arbeit in der Forschung machen nur 7 % des Umsatzes aus. Das ist nicht gesund. Das bedeutet, dass es an einer anderen Stelle zu wenige Arbeitsplätze und Armut geben muss, sonst hätte dieses virtuelle Geld keinen Gegenwert. Der Gegenwert kam nur in realer Arbeit geleistet werden. Das Zuviel auf der einen Stelle muss mit einem Zuwenig an der anderen Stelle ausgeglichen werden. Je weniger virtuell Geld „erzeugt“ wird, desto mehr Arbeit gibt es. Deswegen ist es strategisch wichtig, dass man sein Geld nur in Banken angelegt, die in diesem Sinne neue Wege gehen. Man hat als einzelner diesbezüglich ganz viel in der Hand. Davor haben die großen Banken auch eine Riesenangst. Sie würden kollabieren, wenn Hunderttausende von Menschen ihre kleinen Konten abziehen. Denn nur mit diesen realen Konten, mit diesem ehrlich verdienten Geld, können sie ihre virtuellen Geschäfte in der Balance halten. Die UBS-Bank z.B. musste bereits 20.000 Arbeitsplätze abbauen, weil so viele Menschen ihre Konten auflösten, als sich durch die Finanzkrise herausstellte, wie fragwürdig die Bank gewirtschaftet hatte.

Das zweite Instrument besteht nun darin, eine gesunde Geldtheorie zu formulieren und Strategien zu entwickeln, wie man sie in die Praxis umsetzen kann. Wer Geldwirtschaft studiert und diesbezüglich initiativ werden will, muss entweder eine geeignete Bank suchen und mit ihr gemeinsam Projekte lancieren. Oder er tut sich mit anderen zusammen und gründet eine eigene Bank.

Vgl. Ausführungen vom IPMT in Santiago di Chile 2010 im Gespräch mit jungen Menschen

  1. International post medical training
  2. www.eliant.eu
  3. Rudolf Steiner, Nationalökonomisches Seminar. GA 341. Ausgabe 1986.
  4. Ebenda, S.106.