Das menschliche Herz

Das menschliche Herz ist nicht nur Zentrum des Kreislaufs und in seiner engen Zusammenarbeit mit der Lunge und der Atmungstätigkeit ein Zentralorgan des menschlichen Lebens überhaupt. Es ist auch der Ort, wo wir Freude, Mitleid, Liebe und „zu Herzen Gehendes“ empfinden. Hier können wir am unmittelbarsten erleben, wie auch etwas, das uns Freude macht, positiv, erleichternd auf die Herztätigkeit wirkt, seelischen Druck wegnimmt und entspannt. Heiterkeit und Daseinsfreude, wie wir sie beispielsweise beim Beobachten von Kindern erleben können, tun dem Herzen wohl. Umgekehrt können Stress, Angst, Hetze, negative Gefühle, emotionsreiche Konfliktsituationen Blutdruck und Herztätigkeit negativ beeinflussen. Was das Herzorgan physisch auszeichnet, ist seine erstaunliche Autonomie. Es besitzt eine tatsächlich autonome Erregungsbildung und -leitung. Die Herz-Aktionen Systole (Kontraktion) und Diastole (Erschlaffung) werden nicht durch das Nervensystem impulsiert. Die Erregung, die zum Herzschlag führt, wird vielmehr selbstgesteuert, im sogenannten Sinusknoten im rechten Vorhof des Herzens, gebildet. Das Herz kann auch schlagen, wenn es von seiner nervösen Versorgung, die zusätzlich regulierend wirkt, abgeschnitten ist bzw. wenn diese aus irgendwelchen Gründen unterbrochen wurde.1

Das Herz ist aber auch Ort der Gewissensstimme (vgl. Konfliktfähigkeit: Die Gewissensstimme). So wie das physische Herz schlägt, kann auch das Gewissen schlagen, pochen oder auch klopfen. Damit erschließt sich zugleich auch die geistige Dimension des menschlichen Seelenlebens. Denn wenn das Gewissen schlägt, geht es nicht nur um Empfindung und Gefühl, sondern insbesondere darum, sich über etwas Rechenschaft abzulegen, mit sich zu Rate zu gehen oder auch – je nach spiritueller oder religiöser Orientierung – mit Gott, der eigenen Schicksalsführung, dem höheren Selbst, in eine sehr individuelle Zwiesprache zu treten. So kann gerade dieses Organ bzw. seine Tätigkeit wie ein Schlüssel sein, der uns verstehen lässt, in welcher Form und warum auch Meditation unmittelbar einen heilsamen Einfluss auf die Organphysiologie haben kann (vgl. Meditation auf anthroposophischer Grundlage: Allgemeines über meditatives Üben).2

Vgl. Herzmeditation, in: Meditation in der Anthroposophischen Medizin, 1. Kap., Berlin 2016

  1. Furst, Branko, The Heart and Circulation: An Integrative Model, Springer, London-Heidelberg-New York 2014.
  2. Selg, Peter (Hrsg.), Das Menschliche Herz – Kardiologie in der Anthroposophischen Medizin, Verlag des Ita Wegman Instituts, 2014, S. 321 ff.