Innere Pflege von Wochen-, Monats- und Jahresrhythmus

Wie können wir den Wochenrhythmus, den Monatsrhythmus und den Jahresrhythmus bewusst pflegen?

Wie lassen sich die Übungssequenzen sinnvoll in den Alltag einbauen?

Konstruktives Üben

Will man zu üben beginnen, ist es wichtig, eine gewisse Begeisterung für die Idee zu entwickeln, ohne die nichts bewegt werden kann. Auch sollte man sich ein Übungsprogramm erstellen, das zeitlich in den Tagesrahmen passt und dann nach Plan üben, dass man nichts vergisst. Man kann das, was man üben oder beachten möchte, z.B. in die abendliche Rückschau einbeziehen. Hat man sein Pensum einmal nicht geschafft, kann man sich mit dem Gedanken trösten, dass man ja übt, weil man es noch nicht kann. Man sollte sich jedoch fragen, warum es nicht geklappt hat. Am nächsten Tag passt man auf, dass es nicht wieder geschieht. Möglicherweise passiert dann etwas anderes. So geht es weiter und vielleicht stellt man nach zehn Tagen fest, dass es einfach nicht klappt. Nun hält man sich die gesammelten Hinderungsgründe vor Augen. Entweder kommt man zu dem Schluss, dass der Inhalt der Übung nicht das Richtige ist und ändert das. Oder die Hinderungsgründe sind ausschlaggebend für das Nicht-Gelingen und man muss sich eine andere Zeit, einen anderen Ort oder andere Bedingungen dafür ausdenken. Mit dieser Erfahrung setzt man sich ein neues Ziel, für das man sich begeistern kann, in Bezug auf das man wieder Lust hat, neu zu beginnen.

  • Pflege des Wochenrhythmus

Den Wochenrhythmus kann der Erwachsene z.B. anhand des sog. achtgliedrigen Pfades des Buddha pflegen (vgl. Lebensrhythmen: Der Wochenrhythmus).1Dabei wird die Aufmerksamkeit auf acht Seelenvorgänge gelenkt, die normalerweise sorglos und unaufmerksam ausgeführt werden. Sieben der Qualitäten korrespondieren mit den Eigentümlichkeiten der Planeten, die den Wochentagen ihre Namen geben. Sie werden an den entsprechenden Tagen geübt. Die achte kann von Zeit zu Zeit geschehen. Nur um eine Vorstellung zu geben, worum es sich handelt, werden diese Qualitäten hier stichwortartig genannt:

Montag Nur reden, was Sinn und Bedeutung hat.
Dienstag Sich bewusst für diese und jene Handlung entschließen und darauf achten, dass die eigenen Handlungen andere möglichst wenig stören.
Mittwoch Natur- und geistgemäß leben lernen.
Donnerstag So leben und arbeiten, dass man innerhalb seiner Kraftgrenzen verbleibt, aber dennoch danach strebt, diese fortwährend zu erweitern.
Freitag In jeder Beziehung bereit sein, vom Leben zu lernen.
Samstag Bewusste Aneignung von Vorstellungen, pflegen von Erinnerungen.
Sonntag Sich stets wohlüberlegt entscheiden und entschließen.

Diese Wochenübungen geben dem seelischen Leben Halt und Orientierung und stärken den Astralleib (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen des Astralleibes).

  • Pflege des Monatsrhythmus

Zur bewussten Pflege des Monatsrhythmus empfehlen sich die sog. Monatstugenden (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen des Ätherleibes). Dabei hat Rudolf Steiner erforscht, dass es ein Unterschied ist, ob man die Tugenden um eines höheren Sozialprestiges willen oder um ihrer selbst willen übt – d.h. aus Liebe zu der mit ihnen verbundenen Menschlichkeit. Geschieht Letzteres, so geht aus dem Üben der betreffenden Tugend eine weitere hervor, die nicht von Natur aus veranlagt ist wie die erstgenannte. Die vielmehr erst auf der Basis einer bestimmten Haltung beim Üben entsteht:

April Ehrfurcht wird zu Opferkraft
Mai Inneres Gleichgewicht wird zu Fortschritt
Juni Ausdauer wird zu Treue
Juli Selbstlosigkeit wird zu Katharsis
August Mitleid wird zu Freiheit
September Höflichkeit wird zu Herzenstakt
Oktober Zufriedenheit wird zu Gelassenheit
November Geduld wird zu Einsicht
Dezember Gedankenkontrolle wird zu Wahrheitsempfinden
Januar Mut wird zu Erlöserkraft
Februar Diskretion wird zu Meditationskraft
März Großmut wird zu Liebe
  • Der Jahresrhythmus

Neben Jahresfesten bieten sich zur Pflege des Jahresrhythmus Naturbeobachtungen an, z.B. begleitet vom „Seelenkalender", in dem Rudolf Steiner für jede Woche des Jahres einen jahreszeitlichen Spruch konzipiert hat.4 Ein Beispiel möge die Kraft und Schönheit dieser Sprüche zeigen:

In winterlichen Tiefen
Erwärmt des Geistes wahres Sein;
Es gibt dem Weltenscheine
Durch Herzenskräfte Daseinsmächte;
Der Weltenkälte trotzt erstarkend
Das Seelenfeuer im Menscheninnern. 5

  • Die Nebenübungen

Empfehlenswert sind zudem die sogenannten „Nebenübungen" (vgl. Herz(chakra): Nebenübungen für die Charakterschulung).2 Sie beziehen sich auf sechs Qualitäten, die so lange geübt werden, bis sie zur Gewohnheit und zu einer Charaktereigenschaft geworden sind. Daher sollte man jeweils eine Übung täglich über vier Wochen, also im Monatsrhythmus wechselnd, vornehmen.3 Die Qualitäten, die es zu üben gilt, sind:

  • Gedankenkontrolle
  • Handlungskontrolle
  • Gefühlskontrolle
  • Positivität
  • Unbefangenheit
  • das Herstellen eines Gleichgewichts dieser fünf Eigenschaften.

Mit „Kontrolle" ist gemeint, sich Rechenschaft darüber abzulegen, wer über das eigene Denken, Fühlen und Handeln bestimmt, von wem es abhängt und in Bewegung gebracht wird.

Leitlinien und Hindernisse beim Üben

Das Schwierigste in Bezug auf die genannten Übungen ist die konsequente Umsetzung im Alltag. Jede noch so gute Initiative, die man gern ergriffen hätte, die man aber wieder fallen lässt oder vergisst, macht den Menschen unzufrieden und schwächt ihn. Deshalb ist es nötig, nach Plan vorzugehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass man sich heute auf Dauer nur gesund erhalten kann

  • durch den Aufbau eines „inneren Kalenders" mit kleinen Auf-wachmomenten, die man freiwillig jeden Tag setzt

  • durch eine neue Gefühlskultur, die man pflegt

  • durch Ideale, Werte und Tugenden, die man sich selber Monat für Monat vornimmt

  • durch Höhepunkte im Jahreslauf, wo man sich auf das ganz Wesentliche des Lebens besinnt

  • durch das Lernen aus Erfahrungen.

Üben ist Selbstmotivation, auf die man sich gefühlsmäßig einstellen muss. Die sogenannten Hindernisse sind alle gefühlsmäßiger Natur: Man hat das Üben vergessen, hat es verdrängt, hat keine Lust oder findet es plötzlich langweilig. Um vom Fühlen zum Wollen zu kommen, muss man seinen Gefühlsorganismus reinigen. Der Wille beginnt erst zu wirken, wenn man bereit ist, aus den Erfahrungen zu lernen und Konsequenzen zu ziehen und seine Übungen realistischer zu gestalten.

Je mehr man übt und aus seinen Erfahrungen lernt, umso besser kann man auch anderen helfen. Es macht überhaupt nichts, wenn man das zunächst nicht kann. Man darf sich nur die Freude am Üben und am Lernen von Neuem nicht verderben lassen. In dieser Hinsicht kann man viel von Kindern lernen.

Warum sind Kinder so fröhlich?

Weil sie so gerne üben, wiederholen und am Kleinen ihre Menschlichkeit entdecken und pflegen. Wenn man das als Erwachsener auf bewusstem Weg wieder aufgreift, macht das Leben auch in schwierigen Zeiten wieder mehr Freude (vgl. Freude: Die Fähigkeit sich zu freuen). Letztlich aber ist entscheidend, dass wir dadurch lernen, widerstandsfähig zu werden gegenüber den Belastungen des Lebens.

Vgl. „Kraftquelle Rhythmus“, gesundheit aktiv, 2. Auflage, Bad Liebenzell 2008

  1. Rudolf Steiner, Anweisungen für eine esoterische Schulung, 1. Aufl. Sonderausg. GA 245. Dornach 1979. S. 31 ff.
  2. Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der Höheren Welten? GA 10.
  3. Rudolf Steiner, Anweisungen für eine esoterische Schulung, 1. Aufl. Sonderausg. GA 245. Dornach 1979. S. 15 ff.
  4. Rudolf Steiner, Anthroposophischer Seelenkalender. 1. Ausgabe Dornach 1912, Ausgabe 1994.
  5. Rudolf Steiner, Anthroposophischer Seelenkalender. 1. Ausgabe Dornach 1912, Ausgabe 1994. 43. Woche.