Allgemeines über meditatives Üben

Was ist Meditation?

Wissen in Andacht verwandeln

Meditatives Üben ist so alt wie die Menschheit selbst.

Auf die Frage von Studenten, was meditieren heißt, sagte Rudolf Steiner:

„Meditieren heißt ja: dasjenige, was man weiß, in Andacht verwandeln,...“1

Dabei geht es darum, Meditation als künstlerische Lebenspraxis aufzufassen. Zu den Medizinern sagte er, sie müssten meditierten wie die gläubigen Bauern früher, die über ihre Felder gingen und dabei Erkenntnisse gewannen.2

Dieser Vergleich drückt aus, dass man sich beim Meditieren etwas, das man bereits gut kennt, zum Freund macht, zu einem Freund, der mitgeht, den man immer wieder in einem neuen Licht sieht, an dem man ständig neue Seiten entdeckt, der einem nie langweilig wird.

Durch diese Art der Meditation beginnt man unmittelbar, einen Bezug zum Wesen herzustellen. Was man längst weiß, wird auf eine neue Art lebendig in der Seele: Man wird Andacht empfinden, wird eine intensivere Beziehung zu dem Meditationsinhalt aufbauen. Dabei handelt es sich nicht nur um einen spirituell-künstlerischen Vorgang, sondern auch um einen Prozess, der den Bezug zum Lebendigen und die Lebenskräfte stärkt und gleichzeitig unser Seelenleben und unsere Beziehungsfähigkeit verändert.

Das Selbst zum Lehrer machen

Was kennzeichnet das meditative Üben auf anthroposophischer Grundlage?

Was muss der Übende beachten?

Die Notwendigkeit für meditatives Üben wie es speziell aus der Anthroposophie heraus gelernt werden kann, wird von vielen Seiten her immer deutlicher.

Meditatives Üben aus der Anthroposophie heraus, aus der reinen Entschlusskraft des Ich, beinhaltet, dass das Selbst zum Lehrer wird und sich vom äußeren Lehrer zwar anregen, aber in keiner Weise bestimmen lässt. Das ist etwas absolut Neues und deswegen auch nicht einfach umzusetzen. Denn diese Art des Übens darf in keinem Augenblick den klaren, sicheren Boden denkender, fühlender und wollender Selbstbestimmung verlassen. Alles muss durch das Nadelöhr dieses noch so schwachen „Ich bin“ gehen. Dazu brauchen wir, weil das so neu ist, das Gespräch und die Vergewisserung in der Gemeinschaft. Wir müssen uns immer wieder miteinander verständigen, um uns gegenseitig Mut zu machen, aber auch um uns ganz klare Grenzen zu setzen und zu sagen: „Hier ist die Schwelle! Du hast sie überschritten, hast gar nicht bemerkt, dass du einen Übergriff gemacht hast.“

Diese Ehrlichkeit im Umgang miteinander benötigen wir.

Alles meditative Üben, das in dieser Weise gedanklich unterstützt wird, muss sich im höchsten Maße sensibilisieren gegenüber der kleinsten Lüge im Denken, gegenüber den eigenen Versuchen sich zu verbiegen, wobei man gar nicht mehr bemerkt, inwieweit Denken und Handeln sich vermischt haben, weil das eigene Denken zum Maß geworden ist, die Art, wie man denkt, wie man etwas sagt, wie man es positioniert, damit die eigenen Handlungen gelingen.

Der meditativ Übende muss immer sensibler werden gegenüber dem reinen Denken, dem reinen Fühlen, dem reinen, von Liebe getragenen Wollen. Das sind Riesenherausforderungen an jeden, der das versucht.

Die Krankenmeditation

Welche Bedeutung haben Krankenmeditationen?

Ita Wegman war es unendlich wichtig, dass Rudolf Steiner Krankenmeditationen gab.

Krankenmeditationen geben dem leibfreien ätherisch-astralischen Ich-Organismus über Worte und Gedanken Impulse, die sich schon im Wachzustand, aber besonders im Schlaf, ergänzend zu der Substanzbehandlung wohltuend und beruhigend auswirken.

Selbstverständlich können wir nur Patienten, die danach fragen, die also reif dafür sind, eine Meditation empfehlen; die volle Wirkung dieses geistig-leiblichen Geschehens kann sich erst entfalten, wenn sich durch den Heilungsverlauf dem Bewusstsein des Betreffenden neue Möglichkeiten eröffnet haben und damit neue Lernschritte anstehen.

Dann aber können bestimmte spirituelle Formulierungen, Bilder und Worte, auch wenn eine Krankheit zum Tode führt, den Patienten auf seinem Weg so begleiten, dass sich dieser sensible geistig-leibliche Prozess den Umständen entsprechend so ausgewogen wie nur möglich vollziehen kann.

Vgl. Vortrag auf der Jugendtagung „Mittendrin“ sowie „Wege zum Herzdenken durch meditatives und künstlerisches Üben,“ beide 200

  1. Rudolf Steiner, Ansprachen und Fragenbeantwortungen, Aufsätze und Berichte aus den Jahren 1920 bis 1924 in Ergänzung zum „Pädagogischen Jugendkurs“ von 1922 (GA 217) GA 217a, S. 170.
  2. Rudolf Steiner, Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft, Dornach 1999 S. 78.