Inkarnierende und exkarnierende Wesensgliedertätigkeit

Was ist unter inkarnierender und was unter exkarnierender Tätigkeit der Wesensglieder zu verstehen?

Was ist unter inkarnierender und was unter exkarnierender Tätigkeit der Wesensglieder zu verstehen?

Zusammenhang von inkarnierender und exkarnierender Wesens¬glieder-tätigkeit

Das Steinersche Paradigma von der Metamorphose der „inkarnierenden" Wesensgliedertätigkeit in die „exkarnierende", die das seelisch-geistige Leben ermöglicht, ist einerseits Grundlage für ein neues Verständnis des Leib-Seele-Zusammenhangs. Es bietet aber auch bisher nicht dagewesene Möglichkeiten, die Fachgebiete der Erziehungswissenschaften und Medizin in ihrem Zusammenhang zu verstehen und für die Weiterentwicklung von Therapie und Pädagogik zu nutzen. Denken, Fühlen und Wollen als seelisch-erfahrbare Qualitäten werden in ihrem Leibbezug durchschaubar:

  • Der Ätherleib kann damit als Träger des Gedankenlebens erkannt werden,
  • der Astralleib als Träger des Gefühlslebens
  • und die Ich-Organisation als Träger des Wollens bzw. Tuns.

Die inkarnierende Wesensgliedertätigkeit ermöglicht Selbsterfahrung und ist somit die Grundlage von Selbstbewusstsein im Leib (vgl. Wesensglieder: Die Metamorphose der Wesensglieder in leibfreies Denken, Fühlen Und Wollen).

Die exkarnierende Wesensgliedertätigkeit, deren Medium das Denken ist, das „Leben im Geiste", ist Grundlage für die Entwicklung eines bewussten, vom Leib emanzipierten, persönlichen Innenlebens (vgl. Doppelnatur des Ätherischen: Wachstums- und Gedankenkraft).

Die inkarnierende und die exkarnierende Wesensgliedertätigkeit hängen eng zusammen im Kontext der Entwicklung des Menschen. So entwickelt sich z.B. unser Denken erst aus der schrittweisen Emanzipation des Ätherleibes – von der leibgerichteten Tätigkeit hin zur leibfreien, rein gedanklichen Tätigkeit.1 Wird die gesunde Inkarnation des Ätherleibes durch die Erziehung nicht unterstützt, sondern behindert durch kognitives Frühtraining und die Förderung abstrakten Denkens, emanzipiert sich der Ätherleib zu früh und ein Mangel an Vitalität in der zweiten Lebenshälfte ist die Folge.

„Alles hat seine Zeit" ist daher die Grundlage der Waldorfpädagogik und ihres altersspezifischen Lehrplans.2 (vgl. Erziehung: Entwicklungsphasen und Pädagogik)

Vgl. Einleitung „Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker“, Loseblattsammlung mit 4. Aktualisierungslieferung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2012

  1. Rudolf Steiner, Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkt der Geisteswissenschaft in: Lucifer - Gnosis. 1903-1908, Dornach1987; M. Glöckler, Gesundheit und Schule. Schulärztliche Tätigkeit an Waldorf- und Rudolf-Steiner- Schulen. Dornach1998.
  2. Tobias Richter, Lehrplan, Stuttgart 2003.