Ängstigung durch Medien

Inwiefern kann Medienkonsum bei Kindern Angst auslösen?

Wir sind uns als Gesellschaft und Erzieher im Allgemeinen viel zu wenig bewusst, was Kinder alles über die Medien mitansehen müssen. Das begünstigt eine antipathische Art der Reflexion über die Welt, wie z.B. ängstliche Gedanken darüber, was alles passieren könnte, weil viele Kinder unbewusst bereits viel Destruktives in ihren Gedanken- und Bilderschatz aufgenommen haben – Gedanken, die nicht durch die eigene Erfahrung gegangen sind. Alles, was man nicht selbst erarbeitet hat, macht jedoch Angst.

Schmerzvolle Erfahrungen und schwere Erlebnisse, die man selbst durchgestanden hat, aus denen man selbst etwas gelernt hat und bei deren Bewältigung Erwachsene geholfen haben, indem sie Anstöße gaben, das Geschehnis „zurechtzudenken“ und sagten – „Es war gut, dass wir das durchgemacht haben, jetzt wissen wir Bescheid, jetzt kann es nur noch besser werden“ – hinterlassen keine nachhaltigen Angstzustände. Gedanken jedoch, die nicht mit Erfahrung gesättigt sind, die Fremderfahrungen transportieren, die mit Dingen zusammenhängen, die man sich nicht zutraut oder von denen man fürchtet, dass sie Geschwistern oder Eltern zustoßen, bewirken eine sekundäre Ängstigung. Viele Kinder sind heute sekundär angstbesetzt durch Dinge, von denen wir nicht wissen, dass sie sie gesehen haben in den Medien (vgl. Trauma – Ursachen und Behandlung: Ursache und Heilung von Traumata).

Blicke beim Fernsehen beobachten

Den größten Augenöffner in meiner ersten Zeit als Schularzt 1978 erlebte ich in Argentinien, wo ich meine ganzen Sommerferien an der dortigen Waldorfschule mit Hospitieren verbrachte. Ich gestaltete einen Elternabend über Medienkonsum. Am Ende kam eine Mutter zu mir und zeigte mir ein Foto. Sie sagte, sie wäre begeistert gewesen von den Medien, auch vom Fernsehen. Sie schaute beim Kindergeburtstag gerne mit den Kindern gemeinsam Filme an, denn dann waren die Kinder ruhig und man hatte gemeinsam Spaß daran. Beim letzten Geburtstag ihres Sohnes fotografierte sie die filmschauenden Kinder. Nach dem Entwickeln der Bilder sah sie in angstgeweitete, aber auch leere Augen. Das war ihr nicht aufgefallen, während sie so nett zusammen Film schauten. Darüber war sie so erschrocken, dass sie zu meinem Vortrag kam.

Beim Medienkonsum sind die Augen von Kindern und Erwachsenen meist angstgeweitet, weil man Dinge in sich aufnimmt, die man seelisch-geistig nicht wach begleiten und verarbeiten kann. Es geht alles zu schnell und außerdem handelt es sich bei Filmen nicht um die volle Wirklichkeit, mit der man sich mit allen Sinnen menschlich in Beziehung setzen kann (vgl. Gefühle und Fühlen: Gefühl und Wahrnehmung). Zu viele Sinne sind dabei nicht aktiv – deshalb kann keine volle Ich-Beteiligung zustande kommen, höchstens zu 20 %. Der Astralleib ist jedoch ganz beteiligt und wird zu 100 % affiziert. Angst entsteht, weil das Ich zurückgedrängt wird, der Astralleib dabei aber maximal beansprucht ist. Dieses Verhältnis entspricht der typischen Physiognomie der Angst.

Vgl. „Hilfen im Umgang mit Angst im Schulalter“, Vortrag auf der Schulärztetagung 2013