Beziehung als Heilquelle

Was lässt sich den Belastungen des heutigen Lebens entgegensetzen?

Was können wir unseren Kindern als Schutz bieten?

Immunität durch Identifikation

Interessanterweise entwickelte sich ein neuer Forschungszweig in der Medizin genau in den Jahrzehnten, in denen die Umweltbelastungen und unsichtbaren Schäden immer mehr zunahmen. Seit Mitte der 70er Jahre gibt es den Forschungszweig der Immunologie. Man entdeckte, dass die körperliche Abwehr viel mehr vermag, als man bisher dachte. Der Mensch kann mit fast allem fertig werden, wenn er voll über seine Abwehrkräfte verfügt.

Man weiß heute sehr genau, womit man die Abwehr am besten stärkt: Die das Immunsystem unterstützenden Qualitäten decken sich mit einer positiven Identifizierung mit sich selbst und dem Leben. An der Stärkung das Immunsystems zu arbeiten und das Bewusstsein der eigenen Identität zu erweitern, sind praktisch ein und derselbe Prozess. Diesen bedeutsamen Zusammenhang entdeckte man im Rahmen der Salutogenese-Forschung anhand von zwei Studien (vgl. Gesundheit: Salutogenese – die Lehre von der Gesundheit ):

Das entdeckte man im Rahmen der Salutogenese-Forschung anhand von zwei Studien:

  • bei einer groß angelegten Untersuchung an Opfern des Holocaust
  • und in Langzeitstudien bei Kindern und Jugendlichen aus gewaltbereiten Milieus.

Unter den Opfern des Holocaust fielen einige auf, die sich besonders guter Gesundheit erfreuten. Es gibt offensichtlich Widerstandsquellen im Menschen, denen nicht einmal die Menschenverachtung des Holocaust etwas anhaben konnte. In Interviews berichteten diese Menschen offen darüber, dass sie sich stärkten und schützten, indem sie „Ja“ sagten und einen Sinn fanden in dem Schicksal, dass ihnen widerfahren war, und indem sie nach und nach umsetzten, was sie dadurch gelernt hatten (vgl. Trauma – Ursachen und Behandlung: Sinnfindung als Weg der Heilung).

Resilienz durch Beziehung

Im Rahmen der Resilienz-Forschung bewiesen Kinder und Jugendliche aus gewaltbereiten Milieus, dass eine gute menschliche Beziehung die größte Ressource ist. Man suchte daraufhin nach Kriterien einer guten Beziehung und fand folgende drei Punkte (vgl. Kindsein heute: Resilienz trotz Risiko):

  • Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit im Umgang miteinander
  • Echtes Interesse und Verständnis für den anderen
  • Respekt vor der Autonomie des anderen, vor seiner Eigenwürde und Integrität.

Je mehr von diesen drei Qualitäten in einer Beziehung lebt, desto besser und gesundheitsfördernder, das Immunsystem stärkender, wirkt sie sich aus.

Ob man den anderen verstanden hat, bekommt man durch Fragen heraus. Denn der andere weiß ganz genau, ob er sich verstanden fühlt oder nicht. Wenn beide sich bemühen, den jeweils anderen zu verstehen, verbessert sich die Beziehung von beiden Seiten her. Doch auch wenn das Bemühen um Verständnis eine Einbahnstraße ist, führt es wenigstens dazu, dass der eine den anderen versteht.

Das ist vor allem im Umgang mit Kindern wichtig, wo das Verständnis altersbedingt oft einseitig ist. Wenn Kinder in der Schule schwierig sind und der Lehrer sie trotzdem liebt und sie nicht fallen lässt, sondern an einer positiven Beziehung arbeitet, kann so ein Kinderschicksal eine völlig andere Wendung nehmen.

Vgl. Vortrag „Angst in Krankheit und Gesundheit“, 14. Februar 2007