Stimmigkeit als Kriterium des Ätherischen

Inwiefern ist die Stimmigkeit in den Lebens- und Denkprozessen ein Schlüssel zum Verständnis des Ätherischen?

Welche tieferen Zusammenhänge lassen sich daraus ableiten?

Stimmigkeit als Schlüssel erkennen

Rudolf Steiner erkannte im Rahmen der Erforschung der menschlichen Natur in Gesundheit und Krankheit den Aspekt der Stimmigkeit als einen Schlüssel zu einem spirituellen Verständnis derselben.

  • Aufeinander abgestimmte Lebensprozesse

Wir alle wissen, dass die biologischen Lebensprozesse komplexen Wirkmechanismen folgen, dass alle Rhythmen und alle Vorgänge kohärent miteinander vernetzt und fein aufeinander abgestimmt sind. Das betrifft auch das instinktive Zusammenspiel von Muskeln und Nerven als Voraussetzung für unsere Bewegungskompetenz. Diese Lebensprozesse unseres Körpers laufen vollkommen unbewusst ab. Wir freuen uns unseres Lebens, aber wir stecken nicht drin in diesen komplizierten Vorgängen, d.h. wir spüren sie nicht einmal, sind uns ihrer nicht bewusst.

Erst wenn wir krank werden, wenn „irgendetwas nicht mehr stimmt“ gehen wir zum Arzt,– d.h., das Gefühl krank zu sein, setzen wir gleich mit dem Gefühl, dass etwas nicht stimmt.

  • In sich stimmige Gedankenprozesse

Diesen Begriff des „Stimmens“ benutzen wir aber auch, wenn es um unser Denken geht. Dort lassen sich dieselben unglaublich intelligent aufeinander bezogenen Wirkmechanismen wiederfinden. Wir fragen uns z.B.:

Stimmt das, was jemand sagt? Ist es wirklich wahr?

Stimmt das Ergebnis einer Rechnung oder stimmt es nicht?

Stimmt dieser oder jener Gedankengang?

Bewusste und unbewusste ätherische Prozesse

Wir kennen dieses Gefühl für Stimmigkeit von der Erfahrung her aus beiden Lebens-bereichen. Rudolf Steiner konnte das Phänomen der Stimmigkeit jedoch in noch tieferer Weise durchschauen. Er folgerte daraus, dass unserem bewussten Gedankenleben und unserem unbewussten Körperleben dieselben ätherischen Kräfte zugrunde liegen (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Die Metamorphose der Wachstumskräfte in Gedankenkräfte).

Erst wenn wir das Leben als ein kosmisch-irdisches Geschehen auffassen, das denselben Rhythmen folgt und dieselben Energien braucht wie der Kosmos, können wir diese Zusammenhänge begreifen (vgl. Natur und Kosmos: Lebensvorgänge und kosmische Rhythmen): dass in unserem Denken genau dieselbe kosmische Weisheit wirkt, die lebensspendend und -erhaltend in unserem Körper waltet – einmal auf unbewusste, einmal auf bewusste Art und Weise.

Rudolf Steiners spirituell-somatisches Paradigma lautet demnach: Der Mensch denkt mit denselben Kräften, mit deren Hilfe sein Körper am Leben erhalten wird, wächst, sich heilt, sich reguliert und regeneriert. Er forderte er uns Ärzte auf, das ganze Leben und die ganze Entwicklung unter diesem Aspekt der kosmisch-ätherischen Stimmigkeit anzuschauen.

Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“ gehalten in Filderstadt am 19.2.2010