Bedeutung der Engel für uns Menschen

Welche Bedeutung haben Engel für uns Menschen?

Was ist ihre Aufgabe?

Was sagen Engeldarstellungen über ihr Wesen und Wirken aus?

Wie kann der Mensch ihnen gegenübertreten?

Engel sind keine unbekannten Wesen. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nicht zumindest ihren Namen kennte und der nicht auch wüsste, was dieser Name bedeutet. Engel (Angelos) heißt „Bote". Ein Bote ist ein vermittelndes und wissendes Wesen, er bringt eine Botschaft. Er weiß etwas, was man selbst noch nicht weiß. So hat man auch den Engeln immer ein umfassendes Wissen zuerkannt. Schon in den frühen christlichen Jahrhunderten finden sich Engeldarstellungen in der bildenden Kunst, die dieses zum Ausdruck bringen: der wissende Blick, die weisende Geste, die schicksalswendende Handlung, die vollkommene Gestalt. Auch in den Evangelien begleiten Engel mit ihren Botschaften das Leben des Christus: die Verkündigung, die Freudenbotschaft bei der Geburt, die Stärkung im Todeskampf in Gethsemane.

Engel erscheinen immer dann, wenn Menschen in Grenzsituationen kommen, in Augenblicken höchster innerer oder äußerer Not. Da werden sie auch von Menschen angerufen, die sonst vielleicht gar nicht an sie denken. In solchen Augenblicken werden sie auch am ehesten wahrgenommen und erkannt.

Aussehen und Wesen von Engeln

Viele Maler haben sich bis in die Gegenwart in der Darstellung von Engeln versucht. Sie stimmen dabei alle in den Hauptmerkmalen überein, wenn auch das eine oder das andere stärker betont sein kann: Manchmal übermittelt die Fingerhaltung die deutlichste Botschaft, ein anderes Mal die bewegte Gestalt, die zeigt, dass es sich hier um einen Entwicklungsprozess handelt, dass ein Woher und ein Wohin vorliegt. Auf nahezu allen Engeldarstellungen fällt der überaus wache Blick auf. Wach, ernst und wissend richtet er sich auf den Betrachter des Bildes. In der Ikonenkunst werden auch Erzengel, Cherubime und Seraphime dargestellt (vgl. Engel: Engelhierarchien und Schöpfungsprozess). Je höher die hierarchische Ordnung ist, desto mehr Augen werden diesen Wesen zuerkannt. Die Augen werden nicht nur im Gesicht, sondern auch an den Händen, an den Flügeln, ja zuweilen am ganzen Leib dargestellt, um zum Ausdruck zu bringen, dass diese Wesen alles wahrnehmen, alles wissen.

Engel haben Flügel. Auch sie finden wir auf fast allen Darstellungen. Leichtigkeit, die der Erdenschwere nicht unterliegt, spricht sich darin aus, aber auch eine starke Kraft und Beweglichkeit. Oft halten Engel Musikinstrumente in den Händen. Die vollkommene Harmonie, die sich in großen Musikwerken ausspricht, nennen wir gern „himmlisch“. Auch sagen wir, wenn wir eine schöne Stimme hören: Er oder sie sang wie ein Engel! Überhaupt wird das Wort „Engel“ in der Umgangssprache häufig gebraucht. Wie oft wird gesagt: „Du bist wirklich ein Engel“, selbst wenn vielleicht nur im richtigen Moment eine Briefmarke zur Hand ist. Wenn das Richtige zum richtigen Zeitpunkt geschieht, empfinden wir dies wie eine überirdische Gnade, wie ein Geschenk des Himmels, wie ein Engelereignis. Ähnlich ist es mit den moralischen Qualitäten des Menschen. Wir sprechen von Engelsgeduld, Engelsgüte, warten können wie ein Engel.

Solveighs Engelsgeduld

In Ibsens Drama „Peer Gynt“ wartet Solveigh auf Peer Gynt, während er in der Welt die verschiedensten Abenteuer besteht, zahlreiche Affären durchlebt, immer rastlos auf der Suche ist nach irgendetwas. Er weiß jedoch, dass im hohen Norden seine Solveigh auf ihn wartet. Sie wird im weißen Kleid dargestellt, weil ihr Verhalten mit menschlichen Begriffen nur schwer zu beschreiben ist. Andere Frauen reagieren anders in entsprechenden Situationen, sie stürzen in Verzweiflung oder gehen eine neue Beziehung ein, wenn sie verlassen werden. Solveigh jedoch gelingt es, die innere Ruhe nicht zu verlieren. Sie kann auf ihn warten, weil sie weiß, dass in der Beziehung zwischen Menschen nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine ewige Dimension lebt und gepflegt werden kann. So singt sie denn auch mit einer Engelsstimme: „Ich will deiner harren, bis du mir nah, und harrest du dort oben (das heißt, wenn du schon gestorben bist), dann treffen wir uns da.“ Ihr ist es gleichgültig geworden, wo sie Peer Gynt wieder treffen wird. Für sie ist nur noch entscheidend, dass sie die Nähe, die innere Anwesenheit des geliebten Wesens erahnen kann und durch ihre unerschütterliche Liebe die Verbundenheit mit ihm empfindet. Menschen, die solche Eigenschaften entwickeln, sind der Welt der Engel näher. Sie finden die Brücke zwischen der sinnlichen und der übersinnlichen Welt, in deren Grenzbereich die Engel als vermittelnde Boten wirken.

Schutzengel und Vermittler beim Gebet

In ähnlicher Weise wird Anwesenheit und Wirksamkeit von Engeln im Alten Testament geschildert, zum Beispiel im 91. Psalm:

„Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einem Stein stoßest.“

Schilderungen dieser Art haben zu dem Begriff des „Schutzengels“ geführt.

Engel wirken als Vermittler, wenn der Mensch betet. Darauf weist auch das Hochamt der katholischen Kirche hin. Die Engel, insbesondere der Erzengel Michael, helfen, damit Gott die Opfergedanken und Gefühle der Menschen wahrnehmen kann. Es ist uns nicht gegeben, Gott unmittelbar zu schauen. Die Unvollkommenheit des Menschen ist zu groß. Die Engel treten hier vermittelnd ein. Wenn wir beten, werden unsere eigenen schwachen Worte und Gedanken wie auf den Schwingen des Engels vor den Thron der Gottheit hingetragen und durch sie dort hörbar gemacht. Dies lebt auch in dem Bilde der Offenbarung des Johannes, wo gezeigt wird, dass Engel zu den Gebeten der Menschen Weihrauch hinzutun:

„Und der andere Engel kam und trat mit einem goldenen Rauchgefäß an den Altar. Ihm wurde viel Räucherwerk gereicht, damit er es zu den Gebeten aller Geist-Ergebenen spendete auf dem goldenen Altare angesichts des Thrones.“1

Die Engel nehmen sich der Gebete der Menschen an und „machen etwas daraus“, „substantiieren“ sie, legen ihnen Substanz bei, „bringen sie vor Gott“.

Nicht zu unserem Engel beten wir, sondern mit ihm. Und es ist von weitreichender Bedeutung für das Verhältnis zu unserem Engel, ob wir das Gebet üben oder es nicht tun. Deshalb ist es gut, wenn schon Kinder das Beten lernen dürfen und die andächtige Stimmung erleben, in der die Engel anwesend sind.

Vgl. Kapitel „Vom Wirken der Engel im Leben von Kindern und Erwachsenen“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart

  1. Apokalypse 8,3.