Wie aus Liebe Freude wird

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt! 1

Freude als Entwicklungsanreiz

Wir müssen begreifen, dass in der Zeit, in der der Ätherleib seine Hauptarbeit verrichten muss – in den ersten sieben Jahren –, er den physischen Leib nur in einer Pendelbewegung zwischen Umkreis und Zentrum bilden kann (vgl. Entwicklung: Stadien der menschlichen Entwicklung), dass er sich nur in einem ständigen rhythmischen Hin und Her zwischen Welterleben und Selbsterleben richtig inkarniert. Was wir später im Rahmen der Selbstschulung an Welterkenntnis und Selbsterkenntnis zu erringen versuchen, geschieht hier auf der physisch-ätherischen Ebene durch Nachahmung. Deswegen müssen Kleinkinderzieher an einem geordneten Denken, authentischen Gefühlen und logischem Handeln arbeiten.

Es gibt eine Grundtugend, die etwas Zukünftiges ist, weil sie zum Geistselbst gehört, das wir erst noch entwickeln müssen. Wir kennen diese Tugend aus Rudolf Steiners Vorträgen über die Erziehung des Kindes und sie gilt insbesondere für die ersten drei Lebensjahre: die Freude. Ein unglücklicher Mensch darf nicht mit kleinen Kindern arbeiten – das gilt auch für vorübergehendes Unglücklich-Sein aufgrund von Krankheit oder Sorgen. Eine freudige Grundstimmung ist ein professionelles Muss! Wenn Menschen Sorgen und Probleme haben oder eine Krise durchmachen, können sie selbstverständlich weiter ihrem Beruf nachgehen, müssen aber in den Stunden, in denen sie mit den Kindern zusammen sind, Steiners Rat beherzigen und üben, die Sorgen „mit der Jacke an den Haken vor der Tür zu hängen“ und sie dort zu lassen. Die professionelle Liebe zu den Kindern muss so groß sein, dass man es schafft, ihnen mit heiterer Seelenstimmung – mit heiterer Miene, wie Steiner sagt – zu begegnen.

Aus Liebe wird Freude

Denn dass gerade die Freude die Organe „am schönsten ausbrütet“, wie Steiner ebenfalls sagt, hängt mit der Geistselbst-Qualität der Freude zusammen und mit dem Konzept von Reinkarnation und Karma. Wir wissen alle, dass es gar nicht einfach ist zu lieben. Liebe ist zwar das schönste Gefühl, aber Liebe zu leben ist überhaupt nicht einfach. Lieben ist richtig Arbeit. Manchmal hat man Jahre Stress, um für eine kurze Zeit dieses schöne Gefühl genießen zu können. Deswegen hat es mich einmal unheimlich getröstet, bei Rudolf Steiner zu lesen: Was man in einem Leben an Liebe übt und aufwendet, kommt im nächsten Leben als Freude wieder auf einen zurück. D.h., je mehr man geübt hat zu lieben, desto mehr kann man sich im nächsten Leben freuen.

Das Schöne ist: Wenn man kleine Kinder zu lieben versucht, erlebt man an ihnen so viel Zukünftiges, dass man schon sehr hartherzig sein muss, um sich nicht darüber zu freuen – sie geben so viel zurück. Daran kann man jetzt schon erleben, wie in Zukunft aus Liebe einmal Freude wird.

Kinder sehnen sich nach professioneller Liebe, nach Menschen, die Interesse und Freude daran haben, sie in ihrer Einmaligkeit zu sehen. Für das, was sie uns zeigen wollen, können wir gar nicht genug Interesse aufbringen, in dieser Hinsicht können wir gar nicht liebe- und freudevoll genug sein!

Vgl. „Wie können beziehungsvolle Pflege und Selbstlernen im Krippenalltag gelingen?“, Dokumentation des Fachtags zur Kleinkindpädagogik im Nov. 2015 in der Freien Bildungsstätte „der hof“ in Niederursel

  1. aus Schillers „Ode an die Freude“