Liebe als Kulturaufgabe

Was kann uns helfen, die Herausforderungen des Erziehens trotz des eigenen Unvermögens zu meistern?

Liebe als Kulturaufgabe

Das Leitbild der Krippenarbeit (vgl. Erziehung: Tieferer Sinn der Krippenarbeit) erscheint außerordentlich anspruchsvoll und kaum zu erfüllen. Ein Krippenerzieher oder auch eine junge Mutter kann dabei schnell das Gefühl bekommen, diesem hohen Anspruch nicht gerecht werden zu können. Wer diese Spannung nicht aushält, bekommt Schuldgefühle, wird deprimiert oder nimmt, was noch schlimmer ist, die lockere Haltung des Laissez-faire an. Man weist mit allen möglichen Ausreden das Anstrengende von sich. Es gibt aber eine Fähigkeit, die alles Unvermögen kompensieren kann – die Liebe.

Die Natur hat es so eingerichtet, dass eine Mutter ihr Kind instinktiv liebt. Da Gott wusste, wie schwer alles andere ist, hat er der Liebe eine wundervolle Naturseite gegeben, die uns im Blut sitzt und uns für einander anziehend macht, auch wenn wir nicht sehr weit entwickelt und unmoralisch sind. Diese Art von Liebe funktioniert schon, wenn man ein Baby nur sieht – man muss schon sehr hartgesotten sein, um beim Anblick eines Säuglings nicht wenigstens ein bisschen zu lächeln. Wir haben eine natürliche Liebebereitschaft kleinen Kindern, dem anderen Geschlecht und immer mehr auch dem eigenen Geschlecht gegenüber (was auch nicht weiter schlimm ist). Auf diese natürliche Liebe, die sehr individuell ist, können wir uns bis zu einem bestimmten Grad verlassen. Wenn diese Liebe versagt, versagen unsere menschlichen Instinkte. Dann stehen wir bereits am Rande der Kriminalität, des Missbrauchs, der Unmenschlichkeit; dann brauchen wir bereits Hilfe in Form von Therapie.

Natürliche Liebefähigkeit weiterentwickeln

Nun muss sich diese natürliche Liebefähigkeit aber weiterentwickeln zu einer seelischen Liebesfähigkeit, die unabhängig von der Naturgrundlage ist. Wenn ich ein fremdes Kind wie mein eigenes erziehen will, brauche ich diese Seelenkultur.

  • Auf geistiger Ebene ist Liebe identisch mit Wahrheit und Weisheit. Da sprechen wir davon, dass wir mit dem Herzen verstehen.
  • Seelisch gesehen kann Liebe Herr über Antipathien und Sympathien werden; sie überwindet Neid, Eifersucht und Hass, aber auch fanatische Sympathie. Sie löst sozusagen die Emotionen auf, harmonisiert sie und schafft eine ehrliche, objektive menschliche Beziehung.
  • Auf körperlicher Ebene äußert sie sich als Instinkt, Trieb, Neigung, Empfindung und ermöglicht uns einen direkten Zugang zueinander, der unabhängig ist von unserer geistig-seelischen Entwicklung.

Vgl. „Die Würde des kleinen Kindes“, 1. Vortrag, Kongressband Nr. 2, gelbes Heft