Urteilsfähigkeit in Schicksalsfragen

Das Schicksal des Menschen hängt eng mit seiner körperlichen Konstitution, dem Physischen Körper, dem Ätherischen (Leben) und dem Astralischen (Seele) Leib zusammen (vgl. Schicksal und Karma: Schicksal und Wesensglieder).1 Die Ich-Organisation jedoch ist als Träger des höheren Ich frei davon und damit Quelle neuer Schicksalsgestaltung: Je mehr Freiheits- und Liebe-Fähigkeit das Ich, der Träger des menschlichen Wesenskerns, entwickelt hat, umso größer ist die Befähigung, das eigene Schicksal zu verstehen, zu gestalten und zu harmonisieren bzw. Wunden aus der Vergangenheit zu heilen (vgl. Schicksal und Karma: Ich-Erleben und Schicksalsgestaltung).

Beides hat Rudolf Steiner in seiner Karmaforschung zur Darstellung gebracht, damit insbesondere Pädagogen, Therapeuten und Ärzte die Möglichkeit haben, aus dieser zentralen Entwicklungsperspektive heraus den werdenden Menschen zu begleiten und ihm in Krankheit und Not beratend zur Seite zu stehen.

Lebensereignisse und deren Folgen

Die nachfolgend wiedergegebenen Zusammenhänge zwischen Ereignissen in einem Leben und deren Folgen für spätere Lebensphasen bzw. ein nächstes Leben mögen anregen, über deren Sinnhaftigkeit und Stimmigkeit nachzudenken. Den Beweis dafür liefert zum einen die innere Gewissensstimme bzw. eine Art Evidenzerleben. Zum anderen kann man versuchen zu beobachten, ob Gesichtspunkte dieser Art sich als hilfreich erweisen, ob sie inneren Frieden und Gesundheit fördern, weil sie einem helfen, sich selbst und andere besser zu verstehen und dadurch mehr „zu sich“ zu kommen. Steiner empfahl, seine Forschungsergebnisse an den eigenen Lebenserfahrungen zu überprüfen, sie als Hypothesen aufzufassen, die es erst zu bedenken und dann als konkrete Fragen dem eigenen Leben gegenüber anzuwenden gelte. Wer dies tue, könne das Aufweckende und Erhellende erleben, das von diesen Forschungsergebnissen ausgehen kann.

Diese Gesichtspunkte helfen uns aber auch, uns für die Frage zu sensibilisieren, wie man in Schicksalsfragen überhaupt urteilsfähig werden kann. Denn die Begriffe von Reinkarnation und Karma sind heute auch unter der westlichen Menschheit wieder weit verbreitet. Es gibt eine wachsende Literatur von Erfahrungsberichten und viele psychotherapeutische Verfahren, die die Rückführung in frühere Leben mit einbeziehen.2

Umso notwendiger erscheint es uns daher, auf die umfassenden Forschungen Rudolf Steiners zur Wiederverkörperung hinzuweisen. Sie ergänzen nicht nur aktuell vorliegende Literatur, sondern bieten zugleich auch die Möglichkeit einer gedankengetragenen Orientierung.

In den folgenden Beiträgen werden drei Gruppen von Lebens- und Schicksalswirkungen zusammengestellt (vgl. Schicksal und Karma: Schicksalsereignisse und ihre Folgen im nächsten Erdenleben):

  • Erziehungseinflüsse und ihre Folgen für die Biografie3
  • Schicksalsereignisse und ihre Auswirkungen auf das nächste Erdenleben
  • Persönliches Entwicklungsverhalten und seine Folgen für die zweite Lebenshälfte bzw. das folgende Erdenleben

Dabei kommen einige zentrale Forschungsergebnisse Rudolf Steiners zu den Gesetzmäßigkeiten des Schicksals (vgl. Schicksal und Karma: Konsequenzen von Handlungen und Lebensgewohnheiten für den weiteren Verlauf des Schicksals) zur Sprache, die sich im praktischen Umgang mit Krisen und Schicksalsschlägen als wegweisend erwiesen haben.4 Manches wird zunächst Fragen und Erstaunen hervorrufen. Vieles kann – je nach den bisherigen Erfahrungen des Lesers – auch unmittelbar einleuchtend erscheinen oder zu weiteren Überlegungen anregen.

Denjenigen, die sich selber aktiv mit den Grundlagen der Karmaforschung Rudolf Steiners auseinandersetzen wollen, seien zum Einstieg das Kapitel „Reinkarnation und Karma“ aus der „Theosophie“5 sowie der Vortragsband „Offenbarungen des Karma“6 empfohlen. Für das weitere Studium sei auf die im Literaturverzeichnis aufgeführten Werke verwiesen.7

Vgl. „Schicksalswirkungen im Lebenslauf auf Grundlage von Rudolf Steiners Karmaforschung“ Der Merkurstab 2015, Heft 6

  1. Siehe auch Steiner R., Theosophie. GA 9. Kap. Das Wesen des Menschen. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 2003.
  2. Vergl. dazu Gershom Y., Beyond the Ashes – Cases of Reincarnation from the Holocaust. Virginia/USA: A.R.E. Press; 1992. Ferner: Weiss BL., Heilung durch Reinkarnationstherapie. Ganzwerdung durch die Erfahrung früherer Leben. Berlin: Allegria Verlag; 2007.
  3. Siehe auch: Rittersbacher K., Wirkungen der Schule im Lebenslauf. Ein Quellenlesebuch der Pädagogik Rudolf Steiners. Basel: Zbinden Verlag; 1975.
  4. Siehe auch: Glöckler M., Begabung und Behinderung: Praktische Hinweise für Erziehungs- und Schicksalsfragen. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben; 2004.
  5. Steiner R., Theosophie. GA 9. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 2003.
  6. Steiner R., Die Offenbarungen des Karma. GA 120. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1992.
  7. Steiner R., Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. GA 235 – 240. Dornach: Rudolf Steiner Verlag sowie
    Steiner R., Die Verbindung zwischen Lebenden und Toten. GA 168. Vortrag vom 24.10.1916. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1995 und
    Steiner R., Wege und Ziele des geistigen Menschen. Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft. GA 125. Vortrag vom 11.12.1910. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1992.