Zwölf Qualitäten der Selbsterfahrung
Wie lassen sich die zwölf Sinnesqualitäten beschreiben?
Welche Nachreifungsmöglichkeiten gibt es?
Welcher Sinn wozu befähigt
Alle Sinne zusammengenommen (vgl. Sinne(spflege): Zwölf Sinnestätigkeiten – Sinnespflege), ermöglichen zwölf Qualitäten der Selbsterfahrung. Im Folgenden werden sie, beginnend mit dem zwölften Sinn, kurz charakterisiert:
Bewusstwerdung der eigenen Individualität, der eigenen ganz spezifisch geformten Physiognomiedurch den Wortsinn
Erkennen von Sinn und Stimmigkeit in mir, von meinem Platz in der Weltdurch den Gedankensinn
Erkennen der eigenen Wesenhaftigkeit durch den Ich-Sinn
Bewusstwerdung der eigenen Lichtnatur, des eigenen inneren Lichtes, durch den Sehsinn
Erleben der Wärmenatur des Ich (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen der Ich-Organisation), der inneren Wärme, durch den Wärmesinn
Erleben des eigenen Seelenraumes durch den Hörsinn
Erleben der Fähigkeit „Ja“ und „Nein“ zu sagen durch den Geschmackssinn
Erleben der eigenen Kommunionsfähigkeit mit der Welt durch den Geruchssinn
Spätere Entwicklung von innerer Ruhe durch den Gleichgewichtssinn (vgl. Sinne(spflege): Grundlegendes zum Gleichgewichtssinn)
Spätere Befähigung zur Freiheit durch den Bewegungssinn (vgl. Sinne(spflege): Grundlegendes zum Bewegungssinn )
Spätere Fähigkeit, Harmonie zu erleben, durch den Lebenssinn (vgl. Sinne(spflege): Grundlegendes zum Lebenssinn)
Spätere Entwicklung von Existenzvertrauen durch den Tastsinn (vgl. Sinne(spflege): Grundlegendes zum Tastsinn)
Nachreifungsmöglichkeiten
Bei Beratungen ist es wichtig herauszufinden, wie umfassend das Selbstbewusstsein eines Menschen ausgebildet ist, bzw. versuche zu hören, wo es im Bereich der körperorientierten Sinne (vgl. Sinne(spflege): Körperorientierte Sinne) Mängel und Defizite geben könnten. Beim Vergleichen des Mitgeteilten mit den genannten zwölf Qualitäten kann man deutlich erkennen, in welchen Bereichen Mangelzustände vorliegen. Neben allem, was man sonst therapeutisch unternimmt, besteht die schöne Möglichkeit, mit dem Klienten oder den Eltern eines Kindes gemeinsam zu überlegen, wie man die fehlende(n) Qualität(en) durch Eigentätigkeit, sprich durch spezifische Sinneserfahrungen, erwecken kann (vgl. Sinne(spflege): Leben, Seele, Ich und Sinne). Dass dabei die künstlerischen Therapien eine Riesenrolle spielen, liegt auf der Hand. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mangelhaft ausgebildete Sinnesqualitäten in der künstlerischen Arbeit zu erüben (vgl. Sinne(spflege): Ringen des Ich um Selbstlosigkeit).
Auch die Eurythmie bietet wunderbare Schulungsmöglichkeiten (vgl. Kunsttherapie: Kunst als Weg zur Ergreifung des Ich ). Man betätigt bei der Ausübung alle zwölf Sinne, der ganze Mensch bewegt sich selbst und erlebt andere Menschen, die sich mitbewegen, man tastet bestimmte Formen ab und allem, was man macht, liegt ein sinnvoller Gedanke zugrunde, der durch eine individuelle Lautgestalt zum Ausdruck kommt, egal ob es sich um Laut- oder Toneurythmie handelt.
Die erkenntnisorientierten Sinne (vgl. Sinne(spflege): Erkenntnisorientierte Sinne) kann man in der meditativen Arbeit entwickeln und verfeinern in Verbindung mit der Schulung der körperorientierten Sinne (vgl. Meditation auf anthroposophischer Grundlage: Allgemeines über meditatives Üben).
Die seelenorientierten Sinne (vgl. Sinne(spflege): Seelenorientierte Sinne) kann der Mensch im Gespräch im Rahmen einer Familientherapie oder einer Unternehmensberatung nachschulen, wo er lernt taktvoll auf den anderen zu achten. Es gibt viele soziale Übungsprogramme, die helfen Mängel im Bereich der mittleren Sinne nachträglich auszugleichen (vgl. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung: Der individuelle Schulungsweg). Nur wenige Erwachsene erwerben heutzutage noch die benötigte Reife in der Kindheit. Deshalb brauchen wir die Möglichkeiten von Supervision, Systemische Therapie und Unternehmensberatung in allen Bereichen bis in Familien- und Klassenstrukturen hinein.
Vgl. Vortrag „Bewusstsein, Wahrnehmung und Nervensystem“, Meersburg, 09.11.1997