Fragen und Antworten zum Thema Wärme

FRAGE: Gibt es ein Zuviel an Wärme?

ANTWORT: Es gibt nichts, was man nicht über- oder untertreiben kann. Das habe ich angedeutet, als ich über die Temperatur sprach. Ich würde sagen, man muss den Wärmeorganismus des Patienten gut kennen und genau wissen, was man erreichen will. Es ist klar, ein Zuviel an Wärme fördert das Lösen von Ablagerungen, aber auch entzündliche Prozesse. Wenn das gewünscht ist, kann man auch Überwärmungsbäder machen und dem Körper so die nicht mehr funktionierende Fieberbildung ein Stück weit abnehmen. Aber bei vielen Menschen, die sich bewusst mit dem Abkühlungs- und Konsolidierungsvorgang auseinandersetzen und gerade auch bei Mischerkrankungen, die eine Mischung aus Entzündung und Sklerose darstellen, wie es oft auch bei Gefäßerkrankungen der Fall ist,– denn die Entzündung ist immer ein Selbstheilungsversuch und führt schließlich zur Sklerose – wenn also beides vorliegt, ist es ratsam, man wechselt rhythmisch ab: Drei Bäder, die eher zu sehr erwärmen gefolgt von vier Bädern, die mehr in die Kühle führen.

Der Zustand der Materie hängt ganz und gar vom Wärmeausmaß ab, dem sie aktuell ausgesetzt ist (vgl. Wärme: Wärme als Verwandler von Materie). Je nachdem, wieviel Wärme man zuführt, ergeben sich unterschiedliche Aggregatszustände. Wenn ich meinen Ehering nehmen würde und 1500 Grad Wärme zuführen, würde er schmelzen. Noch weitere 1000 Grad dazu und er verdampft, löst sich auf, wird zu einem Gas. Bei einer Million Grade verwandelt er sich zu einem plasmaartigen Gebilde, das elektromagnetisch wirkt, aber keine Materie ist. All das hängt mit der Wärme zusammen. Wärme regiert die gesamte Evolution. Das betrifft auch unsere physiologische Konstitution: Drei Grade mehr und man kippt um. Zehn Grade unter Null und man ist erfroren.

FRAGE: Was bedeutet ein Zuviel an Wärme in Bezug auf das Geistige?

ANTWORT: Da gilt genau dasselbe: Man kann in euphorische Zustände abdriften, den Boden unter den Füßen verlieren und sich wie auflösen. Das wird dann Schwärmerei genannt. Das kann subjektiv gesehen ganz angenehm sein, aber auf die Umwelt wirkt das merkwürdig. Deswegen ist es gut eine Lebensform zu finden, bei der man „auf dem Teppich bleibt“. Oder wie Emil Bock das so schön formulierte in seinen Evangelien-Betrachtungen: Man sollte lernen, nicht mehr Geistiges aufzunehmen, als man in Treue zu pflegen imstande ist.

Die Gefahr der Wärme

In der Treue liegt auch etwas Kühles. Wenn ich von Sensation zu Sensation haste und immer das noch und jenes noch erfahren möchte, liegt darin eine Gefahr. Der Wärme wohnt auch die Kraft inne, sich auszudehnen oder sich sogar zu verflüchtigen. In einem der Wochensprüche von Rudolf Steiner heißt es: „Mein Selbst, es drohet zu entfliehen vom Weltenlichte mächtig angezogen“.1 Man könnte auch ergänzen: „… von der Weltenwärme mächtig angezogen“. Feuer und Wärme ziehen uns an und dann ist man in Gefahr, seine Grenzen zu wenig zu spüren, sich selbst zu verlieren.

Dazu gehört auch das Helfersyndrom: Manche Leute gehen einem auf die Nerven, weil sie alles für einen machen wollen und nicht respektieren, dass man das vielleicht gar nicht will. Man kann diesen pathologisch-luziferischen Wärmeüberschuss natürlich auf allen Ebenen beobachten. Das geht immer auf Kosten einer gesunden Selbst- und Weltwahrnehmung. Da wäre dann die Hölderlinsche „heilige Nüchternheit“2 gefragt. Aber so sind wir konstituiert: Wir dürfen mit dem Wärmewesen in uns machen, was wir wollen. Deswegen müssen bzw. dürfen ja auch lernen, das Gute zu wollen. Das können wir nicht von selbst. Wärme ist nur ein Potenzial, ist weder gut noch böse. Wir machen sie zu dem einen oder anderen. Ich kann mit Wärme zerstören und vernichten oder ich kann mithilfe von Wärme Verwandlung herbeiführen und Leben schenken. Über Wärme können wir alles Mögliche zum Wuchern bringen. Über Wärmeentzug können wir Kälte verbreiten. Das alles liegt im menschlichen Ich-Potenzial. Damit therapeutisch gut umgehen zu lernen, ist die Kunst.

FRAGE: Inwiefern hängt Wärme mit der Lemniskate zusammen?

ANTWORT: Mein Mann, Mathematiker und Astronom, ist auch ein passionierter Lemniskatenforscher. Wer eine Sonnenuhr hat, kann unschwer sehen, wie die Sonne im Laufe des Jahres eine Lemniskate macht und so aufzeigt, dass sie sich mit dem Planetensystem und der Erde gemeinsam auf einer Lemniskate in Richtung Herkules im Norden bewegt.

Rudolf Steiner nennt die lemniskatische Bewegung in seinem „Naturwissenschaftlichen Kurs“2 die eigentliche Umlaufbahn der Planeten. Von anthroposophischen Astronomen wurde inzwischen längst erforscht, dass das tatsächlich so ist. Es ist wichtig, zu wissen, dass wir, wenn wir lemniskatisch massieren oder das Badewasser lemniskatisch bewegen, eigentlich die Beziehung von Sonne und Erde handhaben. Das ist die geometrische Urform von Welten-Ich und Menschen-Ich.

Die Erde braucht die Menschenwärme

FRAGE: Was geschieht mit der Menschenwärme nach dem Tod?

ANTWORT: Nach dem Tod metamorphosiert sich die Lebenswärme des Menschen. Die physische Wärme geht in die Erdwärme über. Wenn der physische Leib verfault, kommt es zu Wärmeprozessen. Wenn er zerfällt und „Staub zu Staub, Asche zu Asche“ wird, gibt er alle Wärme an die Erde ab. Rudolf Steiner sagt, dass der physische Leib, wenn man ihn der Erde übergibt, dieselbe Funktion hat wie der Sauerteig im Brot. Dieses durchwärmte Stück Materie ist wie ein kleines Stückchen Hefe, das den Erdorganismus am Leben hält: Eines der erschütterndsten geisteswissenschaftlichen Forschungsergebnisse ist, dass die Erde längst gestorben wäre, wenn nicht so viele Menschenleiber sie ständig wiederbeleben würden mit ihrer Wärme.

Die Erde wird heute so schlecht behandelt, dass sie viel mehr Leiber braucht als früher. Das Positive an der derzeitigen Überbevölkerung ist, dass die vielen Leiber der Erde neues Leben schenken.

FRAGE: Was bedeutet es vor diesem Hintergrund, wenn man den Leichnam verbrennt?

ANTWORT: Dasselbe. Dann wird die Wärme nur umso schneller frei. Es entstehen dann 250° C, manchmal auch mehr. Es gibt auch Krematorien mit 800° C und 1000° C.

FRAGE: Geht diese Wärme der Erde nicht verloren?

ANTWORT: Nein. Die Wärme bleibt. Die Erde hat ja eine Wärmehülle, die kongruent ist mit der Lufthülle. Die Luft enthält viel Wärme wie auch das Wasser. Jenseits der Lufthülle, also weit oberhalb der Stratosphäre, geht die Erdatmosphäre ins Weltall über und auch im Weltall herrscht eine feine Wärmetemperatur, die sogenannte „Kosmische Hintergrundstrahlung“. Sie liegt bei 3°- 5° Kelvin. Es gibt keinen Ort im Weltall, wo absolute Kälte herrscht. Das ganze Weltall ist getragen von einer feinen Wärme. An Stellen, wo es zu Substanzballungen kommt, wie bei Planeten und Fixsternen, schließen sich diese zu riesigen Wärmezentren zusammen. Da die meisten Himmelskörper jedoch keine Atmosphäre haben, herrscht in den großen Zwischenräumen sehr rasch eine Eiseskälte. Es ist deshalb wichtig, uns vorstellen, dass es diese kosmische Hintergrundstrahlung laut der heutigen Astronomie wirklich gibt. Nur auf der Erde kann man künstlich ein absolutes Minus von 0° Kelvin erzeugen. Das gibt es nirgendwo in der Natur, auch nicht im Weltraum.

Wir sind in Wärme eingebettet. Sie ist unser geistig-seelisch-physisches Zuhause. Ein Ausdruck der Beziehung der Wesen untereinander ist, dass es überall Wärmeverbindungen gibt, die nicht unterbrochen werden können – die einzige Ausnahme bildet die Erde, wo man auch das kann.

Vgl. Vortrag anlässlich des Jubiläums des 100. Geburtstags von Werner Junge, Okt. 2012

  1. Rudolf Steiner, Seelenkalender, 19. – 25. Mai.
  2. „… Und trunken von Küssen /Tunkt ihr das Haupt /Ins heilignüchterne Wasser….“ Aus dem Gedicht Hälfte des Lebens, von Friedrich Hölderlin, 1805.
  3. Rudolf Steiner, Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie, GA 323.