Beeinflussung des Willens im physischen Leib

Wie kann man therapeutisch Einfluss nehmen auf den physischen Aspekt des Willens?

Wie kann man Instinktmuster positiv verändern?

Im Physischen Leib äußert sich der Wille über die Instinkte des Menschen (vgl. Wille(nsschulung): Übersicht über die neungliedrige Willensnatur).1 Das bedeutet, dass im Physischen jeder Mensch quasi vom einjährigen Kind in sich bestimmt und gesteuert wird, weil sich die Instinktmuster in dieser frühen Lebensphase bilden. Um therapeutisch am Instinktprogramm zu arbeiten, muss man sich deshalb in den Einjährigen hineinversetzen.

Störungen auf der Instinktebene

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass auch alle Störungen auf dieser Willensebene im ersten Lebensjahr veranlagt werden wie die meisten exogenen Psychosen, auch Autismus, Schizophrenie, Borderline. Die ganzen tiefsitzenden Depersonalisationsstörungen haben ihren Ursprung in den ersten zwei Lebensjahren.

Bei Patienten,

  • die in ihrem physischen Leib nur Angst haben,
  • die den Körper nur als Gefängnis erleben,
  • die zwanghaft sind,
  • die sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen, die aber auch nicht „aus ihr herauskönnen“,
  • die immer anders sein wollen, als es ihrem Selbsterleben entspricht,

gibt es mehrere Möglichkeiten therapeutisch vorzugehen.

Schrittweises therapeutisches Vorgehen

Im Folgenden ein paar prinzipielle Gesichtspunkte zur therapeutischen Arbeit mit der untersten Willensschicht.

  • 1. Körpergefühl positiv verstärken

In einem ersten Schritt sollte der Therapeut dem Patienten helfen, sich mit Übungen, die das Bewusstsein umgehen, stärker in seinem Körper zu spüren. Das pathologische Muster muss unterbrochen werden, damit ein Freiraum geschaffen wird für gesunde Reaktionen.

Darüber hinaus kann der Therapeut schauen, dass sein Patient eine Rhythmische Massage bekommt oder ein Ölbad nimmt, damit er sich in seinem physischen Leib entspannter fühlt – und wenn es nur für 20 Min. ist. Er muss sich nicht wohl fühlen, aber empfinden, dass „die Gefängnistüren offenstehen“, soll erleben können, dass der Körper sein Zuhause und nicht nur ein Albtraum ist.

  • 2. Pathologische Instinktmuster unterbrechen

Wenn es dem Therapeuten gelingt, das eingefahrene pathologische Instinktmuster für Momente zu unterbrechen und einen Freiraum zu schaffen für etwas Neues, wird das primäre Instinktprogramm dadurch verändert.

  • 3. Neue Organe veranlagen

Der nächste Schritt ist, die Bildung neuer Organe zu veranlagen. Es wäre ratsam, sich mit einer Heileurythmistin zusammen zu tun, die an der Kohärenz des Körperausdrucks arbeitet, z.B. an der Aufrichte: Körperschema, Körperorientierung, mithilfe der Fünfsternmeditation „Standhaft stelle ich mich ins Dasein, sicher schreite ich die Lebensbahn“. Dazu würde ich heileurythmisch-sprachtherapeutische Körperübungen machen.1 Dadurch werden neue Organe veranlagt, selbst wenn der Patient sich nicht wohlfühlt, wenn er die Übungen macht.

Der Therapeut soll sich nicht näher darauf eingehen, wenn ein Patient Angst hat und sich nicht wohl fühlt. Er soll ihn vielmehr ablenken wie ein einjähriges Kind. Man kann auf zwei Arten mit einem Einjährigen umgehen:

  • Man kann ihm entweder fröhliche Dinge vormachen, wodurch es Lust bekommt mitzumachen, sich mitzufreuen und mitzulachen – kurz: mit seinem Potential etwas zu machen.

  • Wenn es schreit und leidet, nimmt man es hoch und bringt es an einen anderen Ort und lenkt es ab.

  • 4. Gesunde Reaktionen provozieren

Es geht darum, gesunde Reaktionen im Leib zu provozieren – entweder durch Nachahmung oder durch Ablenkung: Das sind die zwei methodischen Grundrichtungen.

Die Rolle des Therapeuten bei Störungen auf der Instinktebene

Beiden Vorgehensweisen gemeinsam ist die Rolle des Therapeuten als „Macher“, als Motor und Motivator: Er tut, tut, tut und tut. Er hat die Rolle des Erwachsenen im Umgang mit einem kleinen Kind inne, das sich an ihm orientiert.

Der Therapeut muss den Patienten im guten Sinn des Wortes überwältigen, muss ihn wie mit in die eigene Aura hineinnehmen, muss ihn durch die Therapie tragen und ihm dabei neue Erfahrungen ermöglichen. Er darf sich durch keine Reaktion des Patienten irritieren lassen und sollte das Ausdiskutieren auf später verschieben, um die Tür für Neues offenzuhalten.

Vgl. Ausführungen in Seminargruppe 5, Dornach, Kunsttherapietagung 2010

  1. Stehend, Füße geschlossen, Hände vor dem Herzen haltend. Rechtes Bein öffnen ca. 30 cm nach rechts - Standhaft stell ich mich ins Dasein.
    Linkes Bein ebenso nach links - Sicher schreit‘ ich meine Lebensbahn.
    Arm öffnet sich nach links in die Horizontale - Liebe hege ich in meinem Wesenskern.
    Arm öffnet sich nach rechts in die Horizontale - Hoffnung präge ich in all mein Tun.
    Beide Arme zusammennehmen und die Hände ganz locker an die Stirn legen - Vertrauen lege ich in all mein Denken.
    Arme öffnen: sich in den Fünfstern stellen - Diese Fünf geben mir das Dasein.
    Zusammenspringen und die Arme nach vorne, Richtung Ziel, strecken - Diese Fünf führen mich ans Ziel.
    Alles Lösen.
    Worte und Übung nach Rudolf Steiner, zusammengefasst von Sonja Zausch, s.zausch@inclusivesocial.org.
  2. Rudolf Steiner, Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, 4. Vortrag, GA 293.