Sinn von Willenswiderständen
Was ist mit Willenswiderstand gemeint?
Welche Rolle spielen Willenswiderstände in der Entwicklung?
Welche Herausforderungen und Chancen eröffnen sich dadurch?
Formen und Sinn von Willenswiderständen
Der unbewusste Wille senkt sich im Rahmen der Inkarnation tief in den Leib hinein. Er regt sich schon beim Säugling und entfaltet sich unbewusst durch Instinkt (Wille im physischen Leib), Trieb (Wille im Ätherleib), und Begierde (Wille im Astralleib) (vgl. Wille(nsschulung): Übersicht über die neungliedrige Willensnatur),1 und spielt seine Rolle in dem Bewusstseinsdrama, das den Menschen dazu veranlasst, sich mit seinem Körper abzumühen, sich über Widerstände zu ärgern und das Schicksal deshalb anzuklagen.
Schon vom Erbstrom her kann die Veranlagung zu eine Allergie-Komponente vorhanden sein, wie z.B. Schwerhörigkeit mit 60 oder früher Haarausfall. Es können auch alle möglichen anderen Stigmata veranlagt sein, die den Willen behindern. Denn bestimmte Entwicklungen sind nicht mehr möglich, wenn jemand allergisch ist: Z.B. kann ein Allergiker nie Astronaut werden. Diese Limitationen bieten einen Willenswiderstand.
Will man nicht nur anklagen, sondern verstehen, gilt es herauszufinden, wofür solch ein Widerstand gut ist.
Könnte es nicht sein, dass ein bestimmter Widerstand einem Menschen gegeben wurde, weil in diesem Leben in genau diesem Bereich erwachen will?
Könnte der Widerstand nicht sogar ein positiver Ausdruck des Wollens seines eigenen Höheren Ich sein?
Schicksal bestimmende Dreiheit von Willensmächten
Das Höhere Ich eines Menschen inkarniert sich nicht. Es kommt einem von außen entgegen durch das gegebene Schicksalsumfeld, aber auch durch Herausforderungen wie die genannten besonderen leiblichen Veranlagungen. Es wirkt durch den Menschen, der mich sexuell missbraucht oder auch anders schädigt. All das soll uns nicht zum Schaden gereichen, sondern ist „inszeniert“ und gewollt im höheren Sinn.
In alledem lässt sich eine Dreiheit von Willensmächten erkennen:
Unbewusst untersteht alles, was mit dem Inkarnationsgeschehen zusammenhängt, vom Instinkt bis zum Atman, einer Art geistiger Lebensführung, , die solange unbewusst und damit unbemerkt bleibt, bis man sich die Zusammenhänge klar macht.
Unbewusst ist auch der Schicksalswille, der Widerstandswille, der den Menschen begrenzt, ihn fokussiert, aber dadurch auch führt – der Schutzengel-Wille , der an bestimmten Stellen schützt und an anderen den Schutz verweigert, weil er sagt: „Das muss jetzt sein! Da kann und darf ich dich in deinem eigenen Interesse nicht schützen, auch wenn es dir Leiden verursacht.“ Damit hängt die schwierigste Lektion für den Traumapatienten zusammen, die Antwort auf seine Frage zu finden: Warum war ich in dieser Situation nicht geschützt?
Das sich selbst entwickelnde Selbst- und Weltbewusstsein dieses einmaligen Menschen in dieser speziellen Inkarnation muss und darf sich zwischen den oben genannten beiden Willensfronten selbst finden lernen.
Partner im therapeutischen Prozess
Im therapeutischen Prozess mit Menschen, die den oben genannten Fragen auf den Grund gehen wollen, sind alle drei Willensinstanzen unsere Partner:
Wir müssen aus einem tieferen Verständnis für die Lebensführung heraus Mitgefühl empfinden angesichts der Willensbehinderungen des inkarnierten Menschen, der in seinem Körpergefängnis z.B. Zwangserkrankungen erleidet, psychotische Erfahrungen machen oder sonst etwas erleben muss.
Wir müssen mit dem Engel arbeiten, müssen versuchen die Engelperspektive zu verstehen, damit wir den Menschen darüber trösten können, dass der Engel hier nicht helfen durfte, und auch, warum er es nicht durfte.
Wir müssen uns brüderlich neben den zum Selbstbewusstsein erwachenden Menschen stellen, der den Erdenweg geht, um mit ihm zusammen durch den therapeutischen Prozess das Allerbeste aus seiner Situation zu machen.
Das wäre das therapeutische Schicksalsszenario, in dem wir uns mit unseren Patienten bewegen.
Vgl. Ausführungen in Seminargruppe 5, Dornach, Kunsttherapietagung 2010
- Rudolf Steiner, Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, 4. Vortrag, GA 293.