Förderung von Patientenkompetenz

Was ist unter Patientenkompetenz zu verstehen?

Welche Rolle spielt der Patient im Gesundheitssystem?

Was sind seine Möglichkeiten, ja Aufgaben in Bezug auf die nötigen Refor-men des Gesundheitswesens?

Notwendige Demokratisierung des Gesundheitswesens

Bereits 1920 hat Rudolf Steiner in einem seiner öffentlichen Vorträge die „Demokrati-sierung des Gesundheitswesens“ gefordert (vgl. COVID-19: Notwendiges Umdenken im Gesundheitswesen).1 Ärzte, Apotheker, Hersteller und Verbraucher sei-en herausgefordert, gemeinsam und in Partnerschaft mit den Patienten bzw. Bürgern Mit-verantwortung für die Gestaltung des Gesundheitswesens zu übernehmen.

Dieser Zielsetzung fühlt sich die Anthroposophische Medizin bis heute verpflichtet. So werden der Gesundheitsaufklärung und Prävention, aber auch der Hilfestellung für eine vertretbare Selbstmedikation viel Aufmerksamkeit geschenkt.2

Hinzu kommt ein großes Engagement für eine gesundheitsfördernde Erziehung und Umgebungsgestaltung einschließlich gesunder Ernährung und nachhaltiger biologischer und biologisch-dynamischer Landwirtschaft.

Mündiger Patient als Regulator

Die inzwischen chronisch gewordene Diskussion um die Reform des Gesundheitswe-sens zeigt zudem deutlich, dass selbst die besten Ideen für eine Neustrukturierung des Gesundheitswesens zu keiner befriedigenden Kostenregulierung führen können, wenn sich nicht der mündige Patient mit als Regulator empfindet (vgl. COVID-19: Anthropo-sophische Medizin ein integrativmedizinischer Ansatz).

Es gehört heute zur Patientenkompetenz, sich selbst auch Gedanken zur Gesundheits-vorsorge sowie zu bestimmten diagnostischen und therapeutischen Verfahren zu machen und letztlich zu bestimmen, was geschehen soll. Auch ist schon lange evident, in welch hohem Maß der Patient de facto für seine Gesundheit Verantwortung trägt. Spätestens anlässlich einer Operation wird ihm bewusst, dass der Arzt zwar über die damit verbun-denen Risiken aufklärt und sein Bestes tut, er selbst jedoch mit den Risiken und Folgen zu leben hat und folglich Entscheidungsträger sein muss. Es ist keine Frage, dass medizinische Grundkenntnisse heute zur notwendigen Allgemeinbildung gehören und das menschliche Selbstverständnis in Gesundheit und Krankheit mit¬prägen. Apotheker und Ärzte werden daher zunehmend in ihrer Lehr- und Berufskompetenz gefordert, um die erforderliche Hilfe zur Selbsthilfe leisten zu können.

Vgl. Artikel in der Deutschen Apothekerzeitung DAZ Nr. 39, 2015

  1. Rudolf Steiner, Die Hygiene als soziale Frage, in: Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geis-teswissenschaft, GA 314. Dornach 1989, S. 221-261.
  2. M. Glöckler, B. Emde, Anthroposophische Medizin, in: Komplementärmedizin für die Kitteltasche. Bera-tungsempfehlungen für die Selbstmedikation, Stuttgart 2009 und ders.: Anthroposophische Medizin, In: Komplementärmedizin für Kinder. Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation, Stuttgart 2012.