Methodische Grundlagen des anthroposophischen Ansatzes

Worin wurzelt die Methodik des anthroposophischen Ansatzes?

Der anthroposophische Ansatz hat seine Wurzeln in der abendländischen Philosophie und der Erkenntnisdramatik des 20. Jahrhunderts. Er bemüht sich um ein spirituelles Verständnis von Mensch und Welt über die Weiterentwicklung des Denkens (vgl. Denken: Denken als Brücke zwischen der Sinneswelt und der Welt des Geistigen) zu einer unmittelbaren geistigen Anschauung, von Steiner „Imagination“ genannt.

  • Anthroposophische Medizin

Anthroposophische Medizin hat zum Ziel, sich am Menschen selbst zu orientieren und seinem Heilbedarf auf die jeweils bestmögliche Art zu entsprechen (vgl. Anthroposophische Medizin: Anspruch und Aufgabe). So greift der konsequent integrativ-medizinische Ansatz nicht nur die verschiedenen Erkenntnis-, Erfahrungs- und Daseinsebenen des Menschen auf, sondern verfügt auch über eine Diversität methodischer Zugänge. Im Sinne des Goethe'schen Paradigmas bedeutet das, die Art der Betrachtung von der Art des zu Betrachtenden abhängig zu machen. Da der Mensch selbst ein so vielschichtiges und kompliziertes Wesen ist, bedarf es zu seiner Erforschung und Beschreibung die dem jeweiligen Objekt der Erkenntnis angemessene Methode. Allerdings müssen die so erforschten Einzelaspekte dann untereinander vernetzt und konzeptionell so verknüpft werden, dass eine Ganzheit entsteht.

„Die Medizin des 21. Jahrhunderts muss wieder neu den Menschen entdecken, der immer mehr in ultrastrukturelle Teile zerbricht, weil ihr eine auf die Ganzheit gerichtete Erkenntnismethode – die intuitive – fehlt“.1

Den Menschen in seiner Totalität zu erfassen, ist ohne Intuition und Empathie nicht möglich. Diese Ganzheit dann aber je nach Fragestellung und Blickwinkel methodisch und inhaltlich zu gliedern und auch deduktiv zugänglich zu machen, bedarf eines differenzierten Erkenntnisansatzes, wie er in den methodischen Grundlagen der anthroposophischen Geisteswissenschaft vorliegt.

  • Anthroposophische Geisteswissenschaft

Anthroposophische Geisteswissenschaft vermittelt keine „fertige" Weltanschauung. Vielmehr lehrt sie, sich eine eigene Weltsicht zu erarbeiten, indem sie bei der Ausbildung des „Selber-Denkens" ansetzt (vgl. Anthroposophie: Erkenntniswissenschaftliche Grundlagen der Anthroposophie). Mit Hilfe dieses Ansatzes kann jeder Fragen aufgreifen, die ihn im Zusammenhang mit der eigenen Religion oder spirituellen Heilweise interessieren. So gibt es nicht nur Schulmediziner, sondern auch Homöopathen und Vertreter anderer Therapierichtungen, die sich zu anthroposophischen Ärzten weiterbilden.

  • Anthroposophische Arzneimittel

Aufgrund des integrativ-medizinischen Ansatzes können die Arzneimittel der anthroposophischen Therapierichtung weder methodisch noch von den Stoffgruppen her klar abgegrenzt werden:

Zum Beispiel wird eine Vielzahl von Arzneimitteln aus natürlichen Rohstoffen hergestellt, ohne dass Anthroposophische Medizin deshalb identisch mit der Naturheilkunde wäre (vgl. Anthroposophische Medizin: Forschung und Weiterentwicklung). Es werden über 250 Heilpflanzen verarbeitet, dennoch ist Anthroposophische Medizin keine Phytotherapie. Denn im gesamten Arzneimittelschatz haben gerade die aus natürlichen mineralischen Rohstoffen hergestellten Präparate eine besondere Bedeutung. Schließlich ist Anthroposophische Medizin auch nicht mit der Homöopathie identisch, obwohl sie mit ihr – in modifizierter Form – die Technik des Potenzierens und die Potenzbezeichnung für sehr viele mineralische, pflanzliche und einige tierische Arzneimittel gemeinsam hat. Auch liegt eine größere Anzahl von Präparaten in konzentriert-stofflicher Form vor, allen voran die Präparate aus der weißbeerigen Mistel zur Krebsbehandlung oder das gern gebrauchte Mittel zur Kreislaufregulation Cardiodoron®. Dennoch ist die anthroposophische Therapierichtung nicht zu der allopathischen zu rechnen.

Vgl. Einleitung „Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker“, Loseblattsammlung mit 4. Aktualisierungslieferung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2012

  1. Volker Fintelmann, Intuitive Medizin, Hippokrates Verlag, Stuttgart: 1. Aufl. 1987, 5. Aufl. 2007 .