Christusimpuls als Schule der Selbstlosigkeit
Was ist mit „Schule der Selbstlosigkeit“ gemeint?
Was wollte Rudolf Steiner damit erreichen?
Was will die Waldorfpädagogik?
Ein Gegenmittel zum Materialismus
1913 wurde hier in Dornach der Grundstein für das Goetheanum1 gelegt. Ein knappes Jahr später, als die die riesige Baugrube gerade ausgehoben wurde und die Bauarbeiten in vollem Gange waren, sagte Rudolf Steiner sinngemäß: Den Christus zu erkennen heißt, die Schule der Selbstlosigkeit durchzumachen. Der Goetheanumbau war als ein Ort gedacht, wo man üben würde, den Christus zu erkennen (vgl. Freie Hochschule für Geisteswissenschaft: Architektur soziale Gestalt und Kunstimpuls). Im Zyklus über die drei Vorstufen des Mysteriums von Golgatha2 spricht Steiner gleich in der Einleitung von der „Schule des Christus“.
Bei der Begründung der Waldorfschule 1919 sagte er, unsere Zeit sei viel zu sehr vom Egoismus geprägt. Er wolle mit dieser Schulgründung eine Pädagogik anbieten, die als Gegenmittel zu Egoismus und Materialismus wirkt (vgl. Waldorfpädagogik: Erziehung zur Selbstlosigkeit durch Waldorfpädagogik). Unter dem Einfluss des Materialismus werde der Menschheit der Wert die Selbstlosigkeit verlorengehen. Die Auswirkungen davon würden erst in zukünftigen Zeiten in vollem Ausmaß erkannt werden.
Veranlagung zur Selbstlosigkeit wecken
Durch die Vertiefung in das Mysterium von Golgatha, das Empfinden seiner Bedeutung mit unserem ganzen Gefühl, unserem ganzen seelischen Wesen, bekommen wir wieder Zugang zur Kultur der Selbstlosigkeit. Christuserkenntnis zu erlangen bedeutet, die Schule der Selbstlosigkeit zu durchlaufen. Wenn wir Christus erkennen machen wir uns mit allen Impulsen der Menschheitsentwicklung bekannt, die unsere seelische Veranlagung zur Selbstlosigkeit wecken. Sie träufeln gleichsam in unsere Seele hinein und durchglühen, durchwärmen alles, was zur Selbstlosigkeit veranlagt ist, und rufen es auf, in unserer Seele aktiv zu werden (vgl. Sinne(spflege): Ringen des Ich um Selbstlosigkeit).
Man könnte sagen, was Christus für die Erdenentwicklung getan hat, ist beschlossen in dem Grundimpuls der Selbstlosigkeit. Er bildet die Voraussetzung dafür, sich bewusst in Richtung der Menschheitsziele entwickeln zu können. Das erkennen wir am besten, wenn wir das Mysterium von Golgatha in seinem großen Zusammenhang betrachten.
Wenn man die Schule der Selbstlosigkeit durchmacht, wird man als Lernpartnern den schwierigsten Menschen begegnen. Dieses Paradoxon darf man gerne weitersagen. Ich sage immer: Wenn man es bei den Anthroposophen aushält, kann einem nichts mehr passieren. Dann ist man absolut sozial krisenfest und aufgestellt.
Vgl. Vortrag an der Schulärztetagung 2012
- Das Goetheanum ist ein Gebäude in Dornach in der Schweiz, das als Tagungsort der Allg. Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft sowie als Festspielhaus und Theater fungiert (wikipedia).
- Rudolf Steiner, Die Vier Christus-Opfer. Die drei Vorstufen des Mysteriums von Golgatha, gehalten in Basel, 1. Juni 1914.