Religiöse Erziehung als Kontaktaufnahme zum Höheren

Welche Rolle spielt die (Schul-)Kinderhandlung bei der religiösen Entwicklung des Kindes?

Wie gestaltet sich die Suche nach IHM in den drei Jahrsiebten?

„Ich will ihn suchen“ im Laufe der Entwicklung

Ich möchte hier ein paar Worte über die Bedeutung der Kinderhandlung für die religiöse Entwicklung des Kindes sagen (vgl. Religion: Pflege des religiösen Lebens im Kindesalter). Eltern haben mir manchmal gesagt, dass sie die Worte der Kinderhandlung selbst nicht verstehen – warum also sollten sie ihr Kind dahin mitnehmen? Ich entgegnete immer: „Ihr Kind lernt doch gerade erst zu denken! Es wird dort einige sehr gute Gedanken aufnehmen und richtig schön gesprochene Worte hören. Vielleicht wird es nie mehr einen Erwachsenen so bewusst sprechen hören.“

Um genau diese Erfahrung des Hörens erhabener Worte geht es: Je öfter das Kind sie machen darf, umso tiefer wird in der gesamten Konfiguration des Nervensystems etwas wie eine Schale vorgeprägt, für die es später selbstbestimmt und selbstverantwortlich den Inhalt suchen kann. Wenn aber diese Schale gar nicht vorhanden ist, die Suchbewegung nicht veranlagt, dann weiß das Kind nicht, dass es überhaupt suchen soll.

  • Im 1. Jahrsiebt – Christussuche über Gedanke und Wort

Durch religiöse Erziehung im 1. Jahrsiebt kommt die Verbindung über den Gedanken und das Wort zu dem wahren Ich zustande: „Ich will in suchen“, sagt das Kind und es hört Worte über ihn, den es suchen soll. Würde man allerdings fragen – Weißt Du, wen Du da suchen sollst? – hätte es keine Ahnung. Das Suchen muss im 1. Jahrsiebt im Denken veranlagt werden durch die gesprochenen und gehörten Worte – auch wenn sie noch gar nicht verstanden werden. Das gilt für jedes Gebet:

Was versteht ein Kind oder ein Pubertierender schon vom Vaterunser?

Deswegen ist es rührend, wenn man sagt, man verliert seinen Kinderglauben: Denn der kindliche Glauben ist ohnehin nicht sehr fest gegründet. Er besteht aus Worten, aus Stimmungen, aus Gefühlen für die man sich selbst noch kein echtes Verständnis erworben hat. Doch wäre dieser Kinderglaube nicht gewesen, wüsste man gar nicht, wie man suchen soll, hätte man keine Sehnsucht nach mehr.

  • Im 2. Jahrsiebt – Christussuche über das Gefühl

Im 2. Jahrsiebt geschieht dasselbe in Bezug auf das Gefühl: Jetzt nimmt man das Christuswesen, das Liebeprinzip, ins Gefühl auf und beginnt, den Christus gefühlsmäßig zu suchen. Wenn man keine Menschen lieben kann im 2. Jahrsiebt, ist man abgeschnitten vom Höheren Ich, kann man das Christuswesen nicht fühlen in der Liebe zu anderen Menschen. Dennoch weiß man immer noch nicht viel über die Liebe. Man muss schon sehr erwachsen sein, um einigermaßen mit der Liebe klarzukommen.

  • Im 3. Jahrsiebt – Christussuche über den Willen, das Tun

Im 3. Jahrsiebt wirkt sich der Wille auf die Christussuche aus. Man kann plötzlich sagen: Ich will mich auf diesen Weg begeben! Das geht in der Regel über einen bewusst gewählten meditativen Weg, über einen Schulungsweg oder über das bewusste Konvertieren zu einer anderen Religion, um herauszufinden, was geschieht, wenn man ein konsequentes religiöses Leben führt – und vice versa. Immer geht es um den dritten Schritt: Erst wenn der Wille im Denken aktiv wird, kann man selbst in Beziehung treten zu dem Höheren Selbst. Das ist eine echte Willensfrage (vgl. Religion: Religion und Wille).

Dafür ist aber eine Vorbereitung nötig. Die drei Schulhandlungen begleiten diesen Prozess in meisterlicher Weise.

Vgl. „Ängste im Jugendalter und ihre Überwindung“, Vortrag auf der Schulärztetagung 2013