Gedanken zur Wärmemeditation

Die Wärmemeditation1 besteht aus drei Schritten:

  1. aus der Vorbereitung, wie immer beim Meditieren (vgl. Meditation auf anthroposophischer Grundlage: Hilfen zum Einstieg ins Meditieren): Ich überlege mir, warum ich meditieren will.

  2. aus der Meditation selbst

  3. aus der Verabschiedung aus der meditativen Stimmung. Das steht hier nicht mehr aufgeschrieben, ist aber der letzte Schritt.

Vorbereitende Fragen

Der eigentlichen Wärmemeditation sind spezifisch ärztlich-ethische Fragen vorangestellt (vgl. Wärme: Grundlegendes zur Wärmemeditation):

Kann ich das Gute denken?

Die Antwort lautet: Ich kann das Gute nicht denken. Das Denken wird genährt von meinem Ätherleib, der in den Flüssigkeiten meines Körpers tätig ist (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen des Ätherleibes). Doch in den Flüssigkeiten meines Körpers finde ich das Gute nicht.

Kann ich das Gute fühlen?

Die Antwort lautet: Ich kann sicherlich das Gute empfinden, aber es ist nicht durch mein Zutun da, wenn ich es empfinde. Das Empfinden allein nährt meinen Astralleib nicht. Mein Astralleib ist tätig im Luftorganismus meines Körpers (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen des Astralleibes), doch finde ich aus mir selbst heraus das Gute nicht in meinem Luftorganismus.

Kann ich das Gute wollen?

Wo lebt das Gute in meiner Konstitution?

Die Antwort lautet: Ich kann das Gute wollen. Es zu wollen nährt aber nicht meinen Willen. Mein Wille ist tätig im Wärmeorganismus meines Körpers (vgl. Wille(nsschulung): Sieben Wege zur Effektivität). Deshalb kann ich in der Wärme das Gute körperlich verwirklichen. Ich muss erkennen, dass ich es nur kann, wenn ich tätig werde, wenn ich es wirklich tue. Es geht dabei um den meditativen Prozess selbst: Ich denke etwas, ich begeistere mich dafür, ich verwirkliche es. Das beschreibt die archetypische Grunddynamik des Meditierens (vgl. Meditation auf anthroposophischer Grundlage: Allgemeines über meditatives Üben).

Eine Anmerkung ist noch wichtig: Es gibt vier unterschiedliche ätherische Qualitäten: Den Wärmeäther, den Lichtäther, die chemische Ätherkräfte oder den Klangäther und die ätherischen Lebenskräfte (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Die Metamorphose der Wachstumskräfte in Gedankenkräfte). Bei dieser Meditation werden alle vier ätherischen Bereiche meines Körpers erfasst.

  • 1. Erste Zeile der Wärmemeditation

„Ich fühle meine Menschheit in meiner Wärme.“

Ein eigenartiger Ausdruck: Dass wir unsere Menschheit in der Wärme fühlen sollen. Wenn wir von Menschheit sprechen, meinen wir alle Menschen. Wollen wir das Wärmezentrum der Menschheit benennen, das Wesen der Wärme der Menschheit, landen wir bei der Christuswesenheit: Er ist unter uns, wenn wir die Liebeswärme fühlen. „Ich fühle meine Menschheit...“:

Ich fühle mein kleines Ich angeschlossen an das große Menschheits-Ich (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen der Ich-Organisation). Mehr noch: Als Arzt will ich dieses große Menschheits-Ich fühlen, die Realität der Worte: „Nicht ich, sondern der Christus in mir“.

1 Ich will fühlen, dass mein kleines Ich Teil des Menschheits-Ich ist und will es zum Auffangorgan, zur Schale, machen für das Menschheits-Ich und aus der Kraft dieses Menschheits-Ich heraus, aus der Christuskraft, das Gute tun (vgl. Schwellenerfahrung: Die Schwelle zur geistigen Welt). Denn ich kann das Gute nur wollen, kann meinen Willen einer höheren Weisheit zur Verfügung stellen. Ich brauche dazu jedoch die Haltung: „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe.“

1 Nicht der Wille des Arztes oder Therapeuten, sondern der Wille des Patienten, der Wille des Schicksals dieses Patienten möge geschehen. Ihm wollen wir dienen.

Meine Wärme in meiner Menschheit zu fühlen, bedeutet, zusammen mit dem Willen zu leben auch das Gedankenlicht und das individuelle Gefühl dazu zu fühlen. All das wird wirksam bei dem Bemühen, das Gute für den Patienten zu finden.

Es geht dabei aber auch um den Wärmeorganismus und um die Wärme als ätherische Qualität. Unsere Wärme ist nicht klar abgegrenzt von der Wärme der Welt und der Wärme unserer menschlichen Beziehungen. Durch die Wärme sind wir mit allem verbunden, auch mit dem Geist der Evolution, der Schöpfung, der die Gesamtheit aller Wärmeprozesse reguliert. Der individuelle Wärmeorganismus ist verbunden mit dem Wärmeorganismus der Menschheit und dem Wesen, das die Menschheit in der Evolution führt, dem Christus (vgl. Anthroposophische Menschenkunde: Begabungen der Ich-Organisation).

  • 2. Zweite Zeile der Wärmemeditation

„Ich fühle das Licht in der Wärme.“

Die im zweiten Schritt genannte Quelle des Lichtäthers ist das Herz: „Ich fühle das Licht in meiner Wärme“.

Die im zweiten Schritt genannte Quelle des Lichtäthers ist das Herz. Wir müssen die ätherische Lichtkraft in unserem Herzen fühlen. Das Gedankenlicht kommt als frei gewordene Ätherkraft (in der Diastase) aus dem Herzen, bevor wir es reflektieren. Am Kopf kühlt der Gedanke ab. Wenn wir ihn jedoch meditieren, wird er wieder warm und am Ende denken wir mit dem Herzen – dann ist er zurückgekehrt als Licht im Herzen (vgl. Herz(chakra): Das Herz als Lebens- und Liebesquelle).

  • 3. Dritte Zeile der Wärmemeditation

„Ich fühle die Weltensubstanz, die in meiner Wärme erklingt.“

Zu diesem dritten Schritt machte Rudolf Steiner eine Zeichnung. Unser Verdauungstrakt ist der Ort des Klangäthers. Hier finden alle biochemischen Prozesse des Metabolismus statt. Alle Valenzen der chemischen Stoffe untereinander entsprechen ganzzahligen Verhältnissen aus der Musik. Wenn wir darüber meditieren, sollen wir fühlen, wie sich die Klangwellen von diesem Klangzentrum aus durch unseren ganzen Körper ausbreiten.

  • 4. Vierte und letzte Zeile

„Ich fühle, wie sich in meinem Kopf das Leben der Welt an meiner Wärme entzündet.“

Der Punkt zwischen Epiphyse und Hypophyse ist derjenige, wo das innerste Zentrum unserer geistigen Aktivität körperlich unterstützt wird. Rudolf Steiner sagte, dass sich in diesem zentralnervösen Spannungsfeld die Erinnerungskraft konzentriert.

Die heutige Gehirnforschung hat entdeckt, dass zwischen Hippocampus und Cortex jede Nacht lebendige Interaktionen stattfinden, was sich so auswirkt, dass alles tags zuvor Gelernte sich jetzt gut eingeprägt hat. Wir verarbeiten dort in der Nacht auf unbewusste Weise das bewusste Erleben des Tages.

Vgl. Vortrag „Meditativer Zugang zur Wärme“, Dornach, 13.03.2008

  1. Rudolf Steiner, Seelenübungen – Band 2, Mantrische Sprüche, GA 268.
    Siehe auch: Michaela Glöckler (Hrsg.), Rolf Heine (Hrsg.), Die anthroposophisch-medizinische Bewegung: Verantwortungsstrukturen und Arbeitsweisen, Verlag am Goetheanum, 2010.
    Und: Peter Selg, Die "Wärme-Meditation": Geschichtlicher Hintergrund und ideelle Beziehungen, 2. Auflage Verlag am Goetheanum 2005.
  2. Ganzes Zitat: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Neues Testament, Gal 2,20.
  3. Neues Testament, Lukas 22,42.