Die hohe Bedeutung der Bezugsperson

Warum sind die Bezugspersonen sehr junger Kinder von so großer Bedeutung für deren Entwicklung?

Welche Gesichtspunkte sind dabei zu beachten?

Frühe Prägung durch Bezugspersonen

Als Kinderärztin lernte ich viele Situationen von Müttern kennen, viele Zwischenstadien zwischen der Vollzeit-Mutter und der voll berufstätigen Mutter, die ihr Kind einer Krippeneinrichtung anvertrauten. Die Professionalität der Kinderkrippe erschien dabei entscheidend, die sich in der Qualität der dort arbeitenden Pädagogen zeigt.

Zu sagen, die Hauptsache sei, dass das Kind überhaupt eine Bezugsperson hat, ist zwar richtig, aber nicht die ganze Wahrheit. Denn diese Bezugsperson wird vom Kind extrem nachgeahmt. Wir wissen heute auch, dass die biologische Grundlage für diese Nachahmung die Spiegelneuronen sind. Kinder ahmen nicht nur die Mimik und Gestik ihrer Bezugsperson nach, sondern werden auch geprägt davon, wie sie in der Welt steht. Das heißt, die Nachahmung umfasst alle äußeren, aber auch die moralisch-inneren Verhaltensweisen zu denken und zu fühlen. Insofern ist es nicht egal, wer die Bezugsperson des Kindes ist. Die Prägung durch den einen oder den anderen Menschen kann sehr unterschiedlich ausfallen.

Je jünger das Kind, desto größer der Einfluss

Waldorfkinderkrippenerzieher arbeiten deshalb in ihren Ausbildungen selbstkritisch an der Frage:

Wie werde ich ein moralisch integrer Mensch?

Das ist eine große Herausforderung. Doch nur so können sie sich guten Gewissens in den ersten Lebensjahren, in dem die Hauptprägung stattfindet, von den Kindern nachahmen und „einverleiben lassen“.

Heute versteht man diesen Ansatz Rudolf Steiners auf der Grundlage der Bindungsforschung viel besser. Auf die Gehälter der Pädagogen für unsere Jüngsten hat sich das leider noch immer nicht ausgewirkt: Akademiker, wie Oberstufenlehrer es sind, bekommen ein viel besseres Gehalt als die Kinderkrippen- und Kindergartenerzieher. Ich bin sicher, dass die Zeit kommen wird, in der man für moralische Qualität sehr viel mehr Geld ausgeben wird, nicht nur für intellektuelles Know-how und technische Geschicklichkeit.

Vgl. Vortrag „Kindsein heute – quo vadis Menschheit“, 22. Mai 2011 in Bühl/Baden