Denken, Fühlen, Wollen und Immunsystem

Wie beeinflussen unser Denken, Fühlen und Wollen unser Immunsystem?

Inwiefern bedingen sie einander?

Inwiefern wirken Stoffwechsel und Denken polar?

Einfluss des Denkens auf die Lebensprozesse

„Leben und Denken bedingen einander“ – so lautet das salutogenetische Paradigma der Anthroposophischen Medizin. Die ätherischen Kräfte, die unseren Körper aufbauen und die Seelenkräfte, mit denen wir denken, haben nicht nur irgendetwas miteinander zu tun. Auch in der konventionellen Medizin weiß man, dass ein positiv denkender Mensch ein gut funktionierendes Immunsystem aufweist. Man versteht aber nicht so richtig, warum das so ist. Diesen Zusammenhang möchte ich im Folgenden anhand der Forschungsergebnisse Rudolf Steiners näher darstellen.

Ita Wegman und Rudolf Steiner erklärten den Zusammenhang zwischen den körperbezogenen Prozessen und den daraus resultierenden leibfreien Kompetenzen in ihrem gemeinsamen Werk „Grundlegendes…“ wie folgt:1 „Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind. Im Gestalten und Wachsen des menschlichen Organismus offenbart sich ein Geistiges. Denn dieses Geistige erscheint dann im Lebensverlaufe als die geistige Denkkraft.“

Die Metamorphose der Wesensglieder

Doch nicht nur das Denken, auch das Fühlen und Wollen entspringen Kräften, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Entwicklung primär am und im Körper wirken, bis sie ihre Arbeit getan haben und „entlassen“ werden können. Diese Kräftezusammenhänge sind unterschiedlicher Natur und folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die im Menschen wirksamen Gesetzeszusammenhänge nennt Rudolf Steiner auch Wesensglieder, die im Laufe der Entwicklung spezifische Aufgaben im menschlichen Organismus erfüllen.

  • Ätherleib und Denken

Wie oben schon erwähnt, liegen dieselben Kräfte, die Wachstum und Regeneration ermöglichen, auch unserem Denkvermögen zugrunde – zuerst leibgebunden, dann leibfrei geworden. Die Bildungs- und Gestaltungsfähigkeit des Ätherischen entspricht dem Element des Wassers als Träger des Lebens: Es ist inkompressibel, bildend und gestaltend.

  • Astralleib und Fühlen

Die Kräfte, die auf körperlicher Ebene für die Differenzierung und Polarisierung unserer Zellen und Funktionen zuständig sind, wie z.B. der Geschlechterdifferenzierung, sind dieselben wie diejenigen, die auf seelischer Ebene unserem Fühlen im Spannungsfeld von Sympathie und Antipathie zugrunde liegen: Im ersten Fall sind sie inkarniert, im anderen Fall exkarniert. Die Differenzierung ist eine Fähigkeit des Astralischen und entspricht dem Element der polarisierenden Luft; Luftdruck, unterschiedliche Grade der Verdünnung und der Kompression gibt es nur bei diesem Element.

  • Ich-Organisation und Wollen

Dank der Integrationskraft unserer Ich-Organisation bringen wir unseren Körper, unsere Seele und unseren Geist in Übereinstimmung miteinander – integrieren wir Geistiges im Physischen. Die integrative Kompetenz der Ich-Organisation entspricht dem Element der integrierenden Wärme.

  • Physischer Leib als Ort der Inkarnation

Der physische Leib ist der Raum, in dem die anderen Wesensglieder wirken, ist der Ort ihrer Inkarnation, von dem sie aber auch wieder entlassen werden, um uns als leibfreie Kompetenzen zur Verfügung zu stehen. Die Abgegrenztheit des Körpers, seine Fähigkeit sich von der Umgebung abzuheben, entspricht dem Element des Festen.

Freiwerdende seelisch-geistige Kräfte

Die im heranreifenden Körper gehaltenen Kräfte aus den Wesensgliedern werden sukzessive frei, sobald das entsprechende System innerhalb der ersten drei Jahrsiebte bis spätestens zur Mündigkeit herangereift ist. Das heißt, sobald sie ihre Arbeit getan haben in Form von proliferierender, differenzierender und integrierender Körpertätigkeit, werden sie frei für die seelische Entwicklungsarbeit und stehen dem herangereiften Menschen als leibfreie seelisch-geistige Kompetenzen zur Verfügung.

  • Die Kräfte, die den Kopf und das Nerven-Sinnes-System gestalten, werden zuerst frei, schon innerhalb des 1. Jahrsiebtes und etwas danach. Das Kind hat schon mit neun Jahren seine volle Sinnes- und Denkkompetenz erreicht.

  • Die Kräfte, die das rhythmische System gestalten und dem Fühlen zugrunde liegen, brauchen dafür vierzehn bis sechzehn Jahre, werden also innerhalb des 2. Jahrsiebtes und etwas danach.

  • Die Kräfte, die für den Stoffwechsel und den Körperbau zuständig sind und die mit einem kompetenten authentischen Wollen zusammenhängen, werden zwischen dem 18. und 22. Lebensjahr leibfrei.

Die Kräfte, die unseren Gedankenorganismus bilden, sind uns bewusst – ganz im Gegensatz zum unbewussten Wirken der Wesensglieder im Körper bei Wachstum, Regeneration und Stoffwechsel. Es handelt sich aber um dieselben Kräfte.

Einfluss auf das Immunsystem bei Tag und bei Nacht

Mit diesem Schlüssel zum Verständnis wird klar: Stoffwechseltätigkeit ist Ausdruck von inkarniertem Geist: Ich-Organisation, Astralleib und Ätherleib wirken gemeinsam auf den Körper und die Substanzbildung im Menschen ein.

Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Art, wie wir tagsüber gedacht, gefühlt und gehandelt haben, behindert oder fördert nachts im Schlaf die Regeneration unseres Organismus. Denn in der Nacht spalten wir uns nicht auf in ein bewusstes und ein unbewusstes Leben – alles, was nachts geschieht, entzieht sich unserem Bewusstsein. Beim Einschlafen begibt sich der Ätherleib ganz und gar hinein in unseren physischen Leib, um insbesondere an der Regeneration des Nervensystems zu arbeiten, während Astralleib und Ich-Organisation, denen wir unser Bewusstsein verdanken, das Nerven-Sinnes-System verlassen. Solange dieser Zustand währt, schlafen wir.

Zu den erschütterndsten Ausführungen für uns Ärzte im „Pastoral-Medizinischer Kurs“2 gehört die hier sinngemäß wiedergegebene Aussage Rudolf Steiners: „Die meisten Menschen denken, sie schlafen sich gesund – die wenigsten wissen, dass sie sich auch oft krank schlafen.“ Mit anderen Worten: Wir werden nachts physiologisch beeinflusst von unseren Irrtümern und unseren Problemen, von unserem nicht lebens- und wahrheitsgemäßen Denken, Fühlen und Wollen.

Gesundheit bzw. Krankheit durch Stoffwechsel und Denken

Zuletzt seien noch folgende Zusammenhänge zwischen Stoffwechsel und Denken genannt, die unser Immunsystem zutiefst betreffen, indem sie sich entweder gesundend oder kränkend auswirken:

  • Gesund durch egozentrierten Stoffwechsel und weltoffenes Denken

Solange der körpergebundene Ätherleib auf uns nicht bewusste Weise über den Stoffwechsel unseren Leib aufbaut und dabei ganz immunsystemorientiert und auf unser biologisches Ego, auf unseren unverwechselbaren, individuellen, persönlichen Organismus, ausgerichtet arbeitet, bleiben wir gesund.

Und solange der leibfreie Ätherleib in Form unseres bewussten Denkens entsprechend polar dazu arbeitet, arbeitet, hält uns das ebenfalls gesund. Das bedeutet, unser Denken sollte so weltoffen sein, dass man die eigenen persönlichen Standpunkte den kosmischen Gesetzmäßigkeiten wie selbstverständlich unterordnet.

  • Krank durch weltoffenen Stoffwechsel und egozentriertes Denken

Wird der körpergebundene Ätherleib in seinem Wirken über den Stoffwechsel dagegen zu weltoffen, dringen Stoffe in den Organismus ein, mit denen er nicht umgehen kann, wie es bei Allergien der Fall ist. Das macht uns krank.

Und wird die leibfreie Ätherkompetenz unseres Denkens andererseits zu egozentriert und selbstbezogen eingesetzt, wirkt sich das ebenfalls schwächend auf unser Immunsystem aus.

Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“, Dornach, 09.05. 2008

  1. Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, GA 27, Dornach 1991, S. 12-13.
  2. Rudolf Steiner, Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pastoral-Medizinischer Kurs, GA 318.