Voraussetzungen für Selbstschulung

Welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, wenn er einen inneren Schulungsweg gehen möchte?

Welche Qualitäten sind dabei hilfreich?

Den eigenen Schulungsbedarf erkennen

Rudolf Steiner schrieb als Anleitung zur Selbsterkenntnis das Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“. 1 Als ich dieses Grundlagenwerk zum ersten Mal las, waren es mir zu viele Übungen – alles erschien mir so kompliziert. Ich dachte, dass ich das nie schaffe. Bis mir aufging, dass in diesem Buch ein bewusster gedankengestützter Weg für die heutige Menschheit aufgezeichnet wurde, insofern sie ihn sucht. Ich begriff, dass deswegen so viele Übungen darin beschrieben sind, weil es so viele unterschiedliche Menschen gibt: Für die einen ist die eine Übung wichtig und für andere eine andere Übung. Für einen Dritten ist es wichtig, dass er zwei Übungen zusammenfasst.

Die erste wichtige Voraussetzung für den Schulungsweg ist, dass man selbst weiß, was man sucht. Man muss bewusst Fragen formulieren:

Wo stehe ich derzeit?

Wohin will ich gelangen?

Was möchte ich lernen?

Wenn ich das genannte Werk mit diesen Fragen im Hinterkopf lese, wird es auf einmal ganz einfach. Dann entdeckt man möglicherweise schon nach drei Seiten eine Antwort. Ein anderer wiederum muss drei Kapitel lesen und findet erst dann, was für ihn wichtig ist.

Es kann aber auch eine große Hilfe sein, den Weg als Ganzes einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen. Dafür ist eine zweite Eigenschaft nötig: Bescheidenheit. Ich muss gar nicht alles sofort umsetzen, was dort steht. Ich muss vielmehr warten können, bis ich es nach und nach entwickle.

Hilfreiche Qualitäten als Wegbegleiter

Goethe hat einen schönen Aphorismus geprägt: „Gegenüber großen Vorzügen eines anderen Menschen gibt es nur ein Rettungsmittel – die Liebe." Ohne diese Liebe wird man neidisch und giftig.

Das Gleiche gilt für den Schulungsweg: Wenn ich den Weg an sich lieben kann, auch wenn ich selbst erst ganz am Anfang stehe, wenn ich die Schönheit und Erhabenheit der zu erreichenden Ziele aushalte, dann kann ich ihn gehen und werde auch anderen helfen können ihn zu gehen.

Wenn ich z.B. Arzt bin, muss ich mir bewusst sein, dass ich möglicherweise Patienten haben werde, die auf ihrem inneren Weg viel weiter fortgeschritten sind als ich. Um sie verstehen zu können, wäre es gut Bescheid zu wissen über die unterschiedlichen Erlebnismöglichkeiten im Rahmen der Selbstschulung. Aus Liebe zum Weg und aus Interesse an meinen Patienten werde ich somit vieles kennen lernen, was noch gar nicht zu meinem Erfahrungsspektrum gehört.

Drei Qualitäten sind vonnöten, will man weiterkommen auf dem Schulungsweg:

  • ehrliche Selbsterkenntnis über den eigenen Entwicklungsbedarf,

  • Liebe zum Weg

  • Bereitschaft zu üben

Viele Menschen hören aus reiner Ungeduld mit dem Üben auf. Sie sagen: „Ich habe es probiert und es hat mir nichts gebracht.“ Sie dachten vielleicht, dass ein bisschen üben genügt, um großartige Ergebnisse zu erzielen. So funktioniert das aber nicht, zumindest nicht auf diesem Weg.

Vgl. Ausführungen vom IPMT in Santiago di Chile 2010

  1. Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? GA 10.