Licht und Kraft der Ideale

Welche Bedeutung haben Ideale in der heutigen Zeit?

Wie sieht mein ganz persönliches Verhältnis zu diesem Ideal aus?

Was davon kann ich verstehen und auch verwirklichen?

Wie setze ich mich in ein gesundes Verhältnis zu einem Ideal?

Ideale als Leitsterne begreifen

Heutzutage wird oft gesagt: „Es gibt keine Ideale, alles ist relativ!” Mit dieser Haltung fallen wir in das Verhalten der vom Verstand dominierten Verstandesseelenkultur zurück. Es gibt sehr wohl Ideale und sie können uns aufgrund ihrer Natur als Leitsterne durch schwierige Lebenssituationen hindurchtragen. In Reinform finden wir sie allerging erst, wenn wir gestorben sind, in der geistigen Welt, wo das reine, ideale, wesenhafte Sein unvermischt mit Materie zu finden ist.

Wir tragen die Ideale unseres Menschseins als ätherische Kräfte in Form unserer Gedanken aus der geistigen Welt in das Erdenleben herein. Ohne das Licht der Ideale wäre unser Leben finster, ja geradezu ein Alptraum. Die Tatsache, dass diese Ideale nie volle Wirklichkeit werden, bewirkt, dass sie zu starken Entwicklungsimpulsen werden, zu Entwicklungshelfern, die uns unsere Arbeit nicht abnehmen. Doch geben sie uns Kraft, Halt, Orientierung für unsere ganz individuelle Lebenswirklichkeit, die zahlreiche Herausforderungen für uns bereithält.

Wenn man sich einer scheinbar ausweglosen Problemstellung gegenübersieht, braucht man als „Ausweg“ ein neues Motiv, ein Ideal, mit dem man sich identifizieren, an das man sich halten kann.

Ehrlichkeit führt zu Selbständigkeit

Doch braucht man die richtige Technik im Umgang mit Idealen. Rudolf Steiner formuliert am Ende seines Buches „Die Philosophie der Freiheit“1 klar, was man lernen muss, um mit Idealen richtig umzugehen zu können, damit sie zu Stützen und Kraftquellen werden im Leben. Damit sie den Menschen nicht niederdrücken und in Depression, Ratlosigkeit und Unfähigkeitserlebnisse stürzen lassen. Der letzte Satz seines bedeutsamen Werkes lautet: „Nur wer sich der Idee erlebend gegenüberstellt, gerät nicht unter ihre Knechtschaft.“ Diese Worte sind eine Art Schlussfolgerung und können zugleich als Anweisung zum Umgang mit Ideen dienen, zu denen auch Ideale gehören.

Ideale zu haben ist gut, aber man darf nicht zu ihrem Knecht werden. Es gibt nur ein Mittel, eine Technik, wie man dem entgehen kann. Man muss um das Geheimnis der kleinen, ehrlichen Schritte wissen: abgrundtiefe Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber. Jede innere Schulung sollte mit dieser Grundstimmung beginnen. Wer das beherzigt, den führt es zu einer neuen Selbstständigkeit.

Die oben genannten Fragen können uns helfen herauszufinden, wo genau man sich im Verhältnis zu einem Ideal befindet. So beginnt die Arbeit an einem gesunden Selbstbewusstsein: dass man das, was man für sich als Ideal erkannt hat, auch zu verwirklichen versucht– mit der entsprechenden Konsequenz. Das führt zu neuer Kraft und einem neuen Freiheitsgrad in Bezug auf das eigene Leben mitsamt seinen Herausforderungen.

Vgl. „Die Würde des kleinen Kindes“, 2. Vortrag, Persephone, Kongressband Nr. 2, Verlag am Goetheanum, Dornach

  1. Rudolf Steiner, Die Philosophie der Freiheit, GA 4, Rudolf Steiner Verlag.