Gestaltungskräfte der Ich-Organisation und Gicht
Was haben Astralleib und Ich-Organisation mit dem Ausbruch von Gicht zu tun?
Welche Rolle spielt die Harnsäure dabei?
Wie kommt es zur Bildung von Nierensteinen?
Genetische Ursachen für die Entstehung von Gicht
Die Gicht steht in Kapitel XI von „Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst“1 paradigmatisch für die Auseinandersetzung der Individualität mit ihrem Erbgut. Wenn die Ich-Organisation geschwächt ist, kann sie ihrer ureigenen Aufgabe nicht gerecht werden. Eine der Folgen davon ist, dass sie nicht zureichend in der Lage ist, den physischen Leib bis in seine kleinsten Teile durchzugestalten und zu einem Abbild der Ich-Organisation zu machen. Dann ist es ihr auch nicht möglich, den befruchteten Eikeim, in dem das mütterliche und väterliche Erbgut zusammengekommen sind, dem eigenen Gestaltungswillen anzupassen. Die Folge ist eine schon vorkonzeptionell schwächer veranlagte Ich-Organisation – was möglicherweise in erblichen Belastungen und auch Gendefekten resultiert.
Rudolf Steiner und Ita Wegman schreiben dazu: „Die Vererbungskräfte haben ihren Sitz in der physisch-ätherischen Konstitution. Wenn es der Ich-Organisation nicht gelingt, mithilfe der astralischen Organisation die physisch-ätherische den eigenen Erfordernissen gemäß anzupassen, können Krankheitssymptome die Folge sein. Ein Gelenkknorpel oder eine Bindegewebspartie können mit Harnsäure nur dadurch und dadurch die Überbürdung mit Unorganischem in ihnen bewirkt werden, dass in diesen Körperteilen die Ich-Tätigkeit hinter der Astralwirksamkeit zurückbleibt. Da die ganze Form des menschlichen Organismus ein Ergebnis der Ich-Organisation ist, so muss durch die gekennzeichnete Unregelmäßigkeit eine Deformierung der Organe eintreten. Der menschliche Organismus strebt da aus seiner Form heraus.“2
Bestandteile der Harnsäure
Ein erhöhter Harnsäure-Spiegel zeigt nicht nur Gicht an, sondern die Harnsäure selbst ist ein Abbauprodukt der sogenannten Purin-Basen, die zentrale Bausteine des Erbgutes sind, d.h. auch des Zellkerns des jeweiligen Eiweißträgers, der mit der Nahrung aufgenommen wird.3
Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen den Purin- und Pyrimidin-Basen. Beide können zwar aus den eigenen Stoffwechsel-Ressourcen des Körpers aufgebaut werden, sind also nicht essenziell wie einige Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren und Vitamine.
Aber nur die Pyrimidinbase können vom Organismus komplett auch wieder ab- und umgebaut werden und sind damit rezyklierbar.
Purinbasen hingegen sind es nicht, der Körper kann sie nur bis zur Harnsäure abbauen.
Diese muss dann bis zu einem Gramm täglich ausgeschieden werden. Der Harnsäurespiegel im Blut beträgt durchschnittlich 6,4 mg/dl bzw. 380 Mikromol/l.
Schritte der Ausscheidung von Harnsäure
Ca. 75% der auszuscheidenden Harnsäuremenge gehen über die Nieren. Damit es hier aber nicht zu Steinbildungen kommt, wird die
- von der Leber an das Blut abgegebene Harnsäure
- zunächst vom Nierengewebe glomerulär filtriert,
- dann aber zu 90 % wieder tubulär ins Blut rückresorbiert,
- so dass jeweils nur 10 % davon im konzentrierten Urin erscheinen.
Die 25% der auszuscheidenden Harnsäuremenge, die nicht über die Nieren ausgeschieden werden, können auf dem Blutweg anderen Ausscheidungsorten zugeleitet werden, wie
- der Haut (Schweiß),
- den Speicheldrüsen (Speichel)
- und ein Großteil davon über den Darm (intestinale Sekretion).
Ursachen für Nierensteinbildung
Zur Nierensteinbildung kommt es bevorzugt
bei einer Verschiebung des Säure-Basen-Gleichgewichtes in Richtung Azidose (saures Milieu)
und bei geringerer Sauerstoffversorgung (bradytrophe Gewebe), wie dies beispielsweise für die Knorpelgewebe der Fall ist.
Da Ethanol/Alkohol die Harnsäureausscheidung hemmt und damit auch die Azidose fördert, kann übermäßiger Konsum einen Gichtanfall auslösen.
Letzteres ist aber auch bei purinreicher Nahrung (z.B. hohem Konsum von Eiern, Fleischprodukten, Fisch) der Fall.
Arbeitet der menschliche Astralleib in gesunder Weise, gelingt die Harnsäureausscheidung im Stoffwechselgebiet und die Imprägnierung mit Unorganischem ist ausgewogen. Ist dieses Verhältnis gestört, wodurch ein Organ mit zu viel Harnsäure überladen wird, die von der Ich-Organisation nicht bewältigt werden kann, so muss sich die Harnsäure im Organismus selbst ablagern und die Ursache für Gicht ist gegeben: „Es wird wenig Harnsäure ausgeschieden, dafür umso mehr Unorganisches im Sinne der Ich-Organisation eingelagert.“4
Die Harnsäure wird so gesehen zum Indikator dafür, „ob zwischen der Ich-Organisation und dem astralischen Leib in irgendeinem Organ oder Organsysteme das rechte Verhältnis besteht.“5
Fieber zur Stärkung der Ich-Organisation nützen
Für die Prävention und Behandlung der Gicht geht es aus anthroposophischer Perspektive in erster Linie um eine Stärkung der Ich-Organisation gegenüber dem ererbten Leib. Rudolf Steiner hat schon früh auf die Bedeutung der fieberhaften Kinderkrankheiten hingewiesen – auch wenn man damals noch nicht wusste, dass Fieber nicht nur das Immunsystem stimuliert, sondern infolge dieser Stimulation auch modulierende Einflussnahmen auf das Erbgut möglich sind.6 Er betonte in seinen Ausführungen, dass die fieberhaften Kinderkrankheiten guter Behandlung bedürfen, weil man so dem Kinde helfen könnte, sich den von den Eltern ererbten Leib besser den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Studien haben inzwischen deutlich aufgezeigt, dass Viren und Bakterien bei einer Temperatur im Bereich von 39°–40° in ihrer Vermehrung gehemmt bzw. auch abgetötet werden, und das Immunsystem in diesem Temperaturbereich besser und schneller funktioniert. Fieber ist also eine hoch wirksame Antwort des Körpers, um Viren und Bakterien zu bekämpfen und das Immunsystem zu stimulieren. Seitdem das bekannt ist, greifen auch erfahrene Schulmediziner nicht mehr reflexartig zu fiebersenkenden Mitteln.7 Sie gehen auch mit dem Einsatz von Antibiotika bedachter um – nicht zuletzt auch deshalb, um nicht ohne Not die Antibiotika-Resistenz weiter zu fördern.
Vgl. „Einleitung zu Band 15, Schriften zur Anthroposophischen Medizin, Kritische Edition der Schriften Rudolf Steiners“, frommann-holzboog Verlag, Stuttgart 20258
- Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst, GA 27, S. 56.
- Siehe FN 1, S. 58,
- Das Erbgut/Genom bei Pflanze, Tier und Mensch besteht aus Basenpaaren, die jeweils aus einer Purin- und Pyrimidin-Base bestehen, die zusammen mit einer Phosphorgruppe und einem Pentose-Zucker (Ribose oder Desoxyribose) als RNA/Ribonukleinsäure oder DNA/Desoxyribonucleinsäure vorliegen. Die definitive Strukturaufklärung als Doppelhelix mit Hilfe der Röntgenkristall-Strukturanalyse wurde zwar erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich, doch schon zu Steiners Zeit war die 1898 durch Emil Fischer (1852–1919) erstmals synthetisierte Purinbase (lat. purus: rein) bekannt.
- Siehe FN 1, S. 56.
- Ebenda.
- Siehe FN 1, S. 57.
- Vgl. Mehler und Purpura (2009); Krafft u. a. (2023).
- Ein Forschungsteam um David Martin an der UWH unter Mitarbeit des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte hat eine FeverApp entwickelt, welche Eltern dabei unterstützt, im Falle eines Fieberschubs ihre Kinder mit wissenschaftlich basierten Informationen in der akuten Behandlung zu begleiten und nicht bei Fieber sogleich ein Fieber senkendes Mittel zu geben: Vgl. www.feverapp.de/forschung/pressemitteilung-publikationen; [6.1.2025].
- In Band 15 der SKA findet sich auch das umfangreiche Literatur- und Referenzverzeichnis. Wer den Inhalt weiter vertiefen möchte, kann sich dort darüber informieren.

