Selbstbewusster Umgang mit Tod und Jenseits

Wie wirkt sich Lebenssicherheit im Umgang mit dem Tod aus?

Was ist der „zweite Tod“ aus religiösen Überlieferungen und wie kann man ihm entgehen?

Wachsendes Selbstbewusstsein der Menschheit

Der Mensch im 20. Jahrhundert ist wach geworden dafür, dass er selbst für seine Entwick¬lung verantwortlich ist, dass er sich nicht mehr auf Familie, Staat, Kirche oder andere Autoritäten berufen kann. Das verleiht ihm eine neue Selbst- und Lebenssicherheit. Erstmals in der Entwicklung der Menschheit entsteht im Einzelnen das Bewusstsein, dass es auf ihn selbst ankommt. Er erlebt sich zunehmend als Akteur und nicht mehr nur als Opfer seiner Lebensumstände.

Auch im Tode geht er zunehmend selbstbewusst über die Schwelle und schläft nicht nur, wie früher meist der Fall, in die göttliche Welt hinein. Aus diesem Schlaf tauchte er erst wieder bei der näch¬sten Geburt auf. Von seinem Durchgang durch die geistige Welt hatte er so gut wie nichts mitbekommen. Nur hoch entwickelte, bereits auf der Erde eingeweihte Menschen konnten sich ihr Bewusstsein über den Tod hinaus bewahren (vgl. Ethische Fragen: An der Todesschwelle).

Die christliche Prophetie, vor allem die Johannes-Apokalypse und auch andere religiöse Urkunden, sprechen in drastischen Bildern davon, wie es ist, den zweiten Tod zu sterben. Das bedeutet nichts anderes, als dass eintritt, was früher immer eingetreten ist: Man verliert nach dem Tod das Bewusstsein und erwacht nicht zum ewigen Leben – sprich: zu einem Bewusstsein über den eigenen ewigen Wesenskern. Es ist ein Missverständnis zu glauben, man würde da gleichsam umgebracht oder wäre nicht mehr vorhanden. Man ist sehr wohl „da“, aber man weiß nichts von sich.

Über den Tod hinaus selbstbewusst

Auf der neuen Entwicklungsstufe der Menschheit kommt es darauf an, auf der Erde ein Selbst-bewusstsein zu entwickeln, das so stark ist, dass es über den Tod hinaus erhalten bleibt. Das setzt voraus, dass ein Mensch sich nicht nur, wie in unserer materialistischen Zeit üblich, mit Dingen beschäftigt, die ausschließlich für die Erde Gültigkeit haben. Nur wer sich auch einen Begriff vom ewigen, geistigen Menschen erringt (vgl. Identität und Ich: Das Ich als Kern der Persönlichkeit), auf dem erst ein wirkliches Selbstbewusstsein aufbauen kann, bereitet sich vollbewusst darauf vor, diesem zweiten Tod zu entgehen.

Angelus Silesius formulierte dies so:

„Wer nicht stirbt,
bevor er stirbt,
der verdirbt,
wenn er stirbt.“

Zu sterben bedeutet hier, auf die Identifikation mit dem Physischen zu verzichten, denn dieses „verdirbt“ im Tode. Wer sich hingegen ein im Geistigen wurzelndes Selbstbewusstsein erarbeitet, wer sich seiner geistigen Natur zunehmend bewusstwird, erwirbt nicht nur eine tiefe Lebenssicherheit auf Erden, sondern lebt selbstbewusst über den Tod hinaus weiter (vgl. Selbstbewusstsein: Selbstbewusstsein erringen als Erwachsener).

Vgl. „Die Würde des kleinen Kindes“, 1. Vortrag, Kongressband Nr. 2, gelbes Heft