Aufgabe der Anthroposophischen Gesellschaft
Was ist die Aufgabe der Anthroposophischen Gesellschaft?
Braucht die Welt die Anthroposophische Gesellschaft in einer Zeit, in der die Anthroposophie vom Ansatz her längst zu den Zivilisationsprinzipien gezählt wird?
In den Statuten genannte Aufgaben
Die Anthroposophie ist heute „da“. Das Wesen „Anthroposophie“ wirkt weltweit in sehr, sehr vielen anthroposophischen Einrichtungen, Schulen, therapeutischen und heilpädagogischen Einrichtungen, nicht nur in anthroposophischen Kreisen (vgl. Anthroposophie: Kulturleistung anthroposophischer Initiativen). Die anthroposophische Bewegung breitet sich weiter aus, so dass keiner mehr überblicken kann, wo überall die Anregungen Rudolf Steiners aufgegriffen wurden und werden.
In den Statuten der Weihnachtstagung werden drei Aufgaben der Anthroposophischen Gesellschaft genannt (vgl. Anthroposophie: Die Statuten der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft):
- 1. Geistige Aufgabe – Pflege des Geistesgutes:
Die Anthroposophie zu pflegen auf einem örtlichen, sachlichen oder beruflichen Felde.
- 2. Soziale Aufgabe – Repräsentant sein, Gruppen bilden:
Repräsentant zu sein der Allgemeinen Gesellschaft, vor Ort dazustehen, sodass sich hier neue Mitglieder finden können und Menschen sich gerne einer solchen Gruppe anschließen oder angeregt werden, eine solche Gruppe zu bilden, nachdem sie Mitglied geworden sind.
- 3. Beitrag zur Humanisierung der Kultur/Arbeit der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft:
Rudolf Steiner richtete 1923/24 die Hochschule (vgl. Freie Hochschule für Geisteswissenschaft: Architektur soziale Gestalt und Kunstimpuls) ein, formulierte die Prinzipien der Anthroposophischen Gesellschaft und übernahm selber die Leitung. Nach seinem frühen Tod 1925 stellten sich viele die Frage, in welcher Weise er, der so viel über die Verbindung der Lebenden mit den Verstorbenen gesprochen hat, jetzt selber „von drüben“ zu uns Nachgeborenen und seinem Werk steht. In seinem Schulungsbuch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten"1 bietet er dem Leser im Nachwort an, das Buch wie ein Gespräch zu nehmen, das der Verfasser mit dem Leser führt. So hängt es von jedem Einzelnen ab, in welcher Form und mit welcher Intensität er an einer solchen Gemeinschaft Lebender und Verstorbener arbeiten will. Es verändert sich die Lebenshaltung, wenn man im Bewusstsein der Todesschwelle lebt (vgl. Ethische Fragen: An der Todesschwelle).
Ungebrochene Aktualität
Man hört unter Freunden, jüngeren und älteren, immer wieder die Frage, ob diese Worte, die 1924 gesagt wurden, heute genauso gelten wie damals, noch dazu, wo die Geschichte der Gesellschaft seit Rudolf Steiners Tod von vielen Schwierigkeiten belastet war.
In der heutigen Zeit geht es angesichts von alledem mehr denn je um diese beiden Aufgaben (vgl. Anthroposophie: Die Berechtigung der allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft im 21. Jahrhundert): Lassen Sie uns einmal das Gedankenexperiment machen, es gäbe die Anthroposophische Gesellschaft nicht, sondern wir lebten als Anthroposophen mit der Gesamtaufgabe in völlig freier Weise und hätten nur die Arbeitszusammenhänge auf beruflichem Felde oder ganz privat vor Ort. Es gibt ja viele Anthroposophen, die sich nicht der Gesellschaft angeschlossen haben. Stellen wir uns einfach einmal vor, das wäre überall so.
Was würde unserer Zeit dann fehlen?
Man kann anhand dieses Gedankenexperiments empfinden, dass gerade das fehlen würde, was unsere Gegenwart braucht, um eine gedeihlichere, heilsame, sozial gesündere Zukunft vorzubereiten (vgl. Apokalypse: Die Apokalypse als Entfaltungsgeschichte).
Vgl. Vortrag „Aufgaben und Ziele heutiger Zweigarbeit“, Farrach, 25.08.1993
- Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, GA 10.
- Rudolf Steiner, Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge, GA 237.