Die sieben Bedingungen des Anthroposophischen Schulungsweges

Wie stehen diese zu den Wesensschichten des Menschen?

Richtlinien für eine gesunde Lebensführung

Der anthroposophische Schulungsweg (vgl. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung: Der individuelle Schulungsweg) spricht von sieben Bedingungen, die auch in einem Kapitel von „Wie erlangt man Erkenntnisse Höherer Welten“1 nachzulesen sind. Wenn jemand mich fragen würde, was das Wichtigste an dem Buch wäre, würde ich auf das Kapitel mit den sieben Bedingungen verweisen. Sie sind die Richtlinien für eine gesunde Lebensführung. Sich an sie zu halten ist die Grundvoraussetzung für den Schulungsweg.

  • Bedingungen für die Stärkung der Wesensglieder

Die erste Bedingung betrifft die physische Ebene und ist formuliert als Aufforderung, auf die Gesundheit zu achten.

Die zweite Bedingung betrifft das Erwachen im Ätherischen und fordert dazu auf, sich immer im Zusammenhang mit dem Ganzen, dem übrigen Leben, zu fühlen – sich nicht herauszunehmen, sondern stets auf den Gesamtzusammenhang zu achten; sprich: das Leben selbst ernst zu nehmen (vgl. Beziehung: Die Beziehung zum Weltganzen pflegen).

Die dritte Bedingung betrifft unser Denken, Fühlen und Wollen als astrale Realitäten. Sie fordert dazu auf, so zu leben, als wären Gedanken und Gefühle genauso real wie Handlungen. Was man denkt, erschafft ebenso Realitäten wie das, was man tut; jedes Wort, das ich spreche, schafft eine Realität, die ich verantworten muss: Ich habe es gesagt, das war niemand anderes, das war ich. Es geht darum, sich immer wieder klarzumachen, dass es nicht egal ist, wie ich über andere Menschen denke: Es ist so, als würde ich ihnen gegenübersitzen. Menschen fühlen sich besser, wenn ich gut über sie denke. Diesbezüglich habe ich eine Verantwortung (vgl. Soziales Leben und soziale Dreigliederung: Der anthroposophische Sozialimpuls). Gedanken, Gefühle und Handlungen sind alle real, nur auf unterschiedlichen Ebenen – geistig, seelisch und in der physischen Welt.

Die vierte Bedingung betrifft die Vertikale, das Ich, und soll dazu beitragen, unabhängig zu werden von äußerer Anerkennung.

  • Bedingungen für das Erschaffen von Zukünftigem

Die folgenden Wesensschichten müssen wir noch erringen durch Verwandlung (vgl. Kunsttherapie: Pflege des Gleichgewichtssinnes in der Kunsttherapie):

Die fünfte Bedingung betrifft das Geistselbst, den verwandelten Astralleib: Hier besteht die Übung darin, dass man sich bei allem, was man macht, ganz genau Rechenschaft ablegt darüber, warum man es macht. Dass man das, was man tut, bewusst und mit Liebe tut.

Die sechste Bedingung betrifft den Lebensgeist: dass man die Entschlüsse, die man gefasst hat, konsequent umsetzt; dass man dem Leben gegenüber tiefe Dankbarkeit entwickelt, dass man lernt für alles dankbar zu sein, was einem das Leben bringt. Das ist keine einfache Übung. Es geht vor allem darum, dass man, wenn schlimme Dinge passieren, lernt, auch darin einen Sinn zu entdecke – dass man den Sinn des Lebens lebt, indem man ihn in allem findet (vgl. Trauma – Ursachen und Behandlung: Sinnfindung als Weg der Heilung).

Die siebte Bedingung betrifft den Geistesmenschen: dass man sein ganzes Leben an den sechs genannten Bedingungen ausrichtet.

Zu wissen, dass es im Hinblick auf jede Schicht des eigenen Wesens etwas gibt, das geübt werden kann, hilft schon sehr viel dabei, sich nicht abhängig zu machen von Lob und Tadel. Die meisten Menschen sind durch Lob korrumpierbar und durch Tadel konditionierbar, weil sie Angst haben, schlecht da zu stehen, und weil sie das Lob genießen (vgl. Angst: Wurzeln und Überwindung der Angst vor Verletzung). Lob und Tadel sprechen das Ego an. Die Angst vor Tadel ist die Angst vor Liebesentzug, die Angst davor, dass der Andere sagt: „Wenn du das machst, kannst du mich vergessen.“ Es kann sich aber auch um die Angst handeln, seinen Job zu verlieren – oder ihn gar nicht erst zu bekommen.

vgl. Ausführungen vom IPMT in Santiago di Chile 2010 im Gespräch mit jungen Menschen

  1. Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse Höherer Welten, GA 10.