Biorhythmen und Wasserkreislauf als Lebensgrundlagen
Was versteht man unter Biorhythmen?
Wie wirken sich diese auf den Menschen aus?
Inwiefern ist Wasser Ausdruck des Ätherischen?
Sonne und Planeten als Rhythmusgeber
Die biologischen Zeitprozesse – die sogenannten Biorhythmen – haben eine besondere Bedeutung für den Menschen. Die Autonomie und Integration dieser zeitlichen Rhythmen spielen im heutigen Verständnis des Organismus eine wesentliche Rolle (vgl. Lebensrhythmen: Kraftquelle Rhythmus für Erwachsene).1
Der Begriff der rhythmisch geordneten Biosphäre fand bereits im 19. Jahrhundert Eingang in fachliche Kreise. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts ist er zunehmend populär geworden. Die Biosphäre macht unsere Erde im Sonnensystem einzigartig. Sie erstreckt sich von etwa 5km unter der Erdoberfläche bis an den unteren Rand der Mesosphäre und umgibt die Erde bis zu einer Höhe von gut 60.000 km. In dieser Sphäre um die Erde ‚lässt sich leben‘, lassen sich Lebewesen und Lebenserscheinungen nachweisen.
In der Tat sind es aber die Sonne und ihre Planeten, die ein System von Biorhythmen bilden, von denen diese ausgehen. Wir kennen sie auch als ‚innere Uhr‘. Ohne die Sonne – und wie Rudolf Steiner und Ita Wegman in Kapitel III von „Grundlegendes für eine Erneuerung der Heilkunst“ ergänzen:2 Ohne die das Sonnenlicht nicht nur reflektierenden, sondern auch modifizierenden Himmelskörper mit den ihnen eigenen Rhythmen – wäre die Vielfalt des Lebens auf der Erde nicht möglich.
Es gibt inzwischen eine breit ausgearbeitete Solar- und Lunarbiologie – einschließlich der modernen Schlafforschung, die viel zu deren Kenntnis und gesundheitlichen Bedeutung beigetragen hat (vgl. Anthroposophische Medizin: Gesundheitswissenschaftlicher Ansatz). Ein führender Forscher und Pionier auf diesem Gebiet war der Physiologe Gunther Hildebrandt (1924–1999).3
Einseitiges versus ganzheitliches Interesse
Wenn man Leben nur mit Vererbung, Fortpflanzung und Genetik assoziiert, wird damit der makrokosmische Zusammenhang ausgeblendet, der für die Erscheinungen des Lebens unabdingbar ist. Zudem macht dieser Tatbestand bewusst, dass sich das wissenschaftliche Interesse in einseitiger Weise der Manipulierbarkeit lebender Organismen zugewandt hat, indem man die stofflichen Trägersubstanzen des Lebens in ihrer Wirkungsweise zu modifizieren trachtet.
Demgegenüber steht in der Anthroposophie das Erkenntnisinteresse am gesamten Lebenszusammenhang im Zentrum der Bemühungen, um Leben und Gesundheit ganzheitlich zu fördern (vgl. Anthroposophische Medizin: Anspruch und Aufgabe).
Wasser als Inbegriff selbstloser Hingabe
Dabei spielt auch die Erforschung der Wasserqualität eine wichtige Rolle.4 Beim Studium der Aufgabe des Wassers in der Natur und als Ermöglicher aller Zirkulationsvorgänge in lebendigen Organismen, begegnet einem urbildlich das moralische Ideal selbstloser Hingabe, was letztlich auch die Erscheinungen des Lebens kennzeichnet.
Denn wenn ein Lebewesen stirbt, verdunstet das in ihm noch vorhandene Wasser und kehrt zurück in den großen Wasserkreislauf, der zwischen den Ozeanen und der Erdatmosphäre fortwährend geschieht. Das infolge der Sonnenwärme überwiegend an den Oberflächen der Ozeane verdunstende Wasser kühlt in den höher gelegenen Luftschichten ab, kondensiert und bildet Wolken, deren Tröpfchen dann zu Tropfen zusammenfließen, um ab einer kritischen Größe und genügend Gewicht wieder auf die Erde herunter zu regnen. Dort gelangen sie größtenteils über das Grundwasser wieder in Flüsse, Seen und Meere zurück und allen Lebewesen ihr jeweils besonderes Dasein ermöglichen.
Die physisch-mineralische Welt ermöglicht individuellen Schwerpunkt, Eigensein und Eigenform.
Der ätherischen Welt verdanken wir soziale Verbundenheit, das Voneinander-, Miteinander- und Füreinander-leben-Können.5
Vgl. „Einleitung zu Band 15, Schriften zur Anthroposophischen Medizin, Kritische Edition der Schriften Rudolf Steiners“, frommann-holzboog Verlag, Stuttgart 20256
- Vgl. Rosslenbroich (2023), 182–95.
- Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst, GA 27, Kap. III.
- Hildebrandt habilitierte sich 1959 – Anregungen Rudolf Steiners aufgreifend (vgl. GA 107) – über Die rhythmische Funktionsordnung von Puls und Atmung für das Fach Humanphysiologie und Balneologie und leitete 1959 bis 1964 die Balneologische Forschungsstelle Bad Orb, bevor er Direktor des neu gegründeten Instituts für Arbeitsphysiologie und Rehabilitationsforschung an der Universität Marburg wurde. Gemeinsam mit dem Ordinarius Herbert Hensel (1920–1983) baute er in Marburg den Sonderforschungsbereich Adaptation und Rehabilitation auf und war von 1967 bis 1969 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation sowie Gründungspräsident der Europäischen Gesellschaft für Chronobiologie (1985–1987). Hildebrandt war Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählten die Chronobiologie und Chronomedizin. Zudem schlug er eine ‚therapeutische Physiologie‘ vor, die im Unterschied zur Pathophysiologie Prozesse beschreibt, die zur Gesundung, zur Hygiogenese, führen.
- Etwa im Institut für Strömungsforschung in Herrischried, siehe https://stroemungsinstitut.de
- In der neueren Zeit wird das Prinzip, dass die Erde Merkmale einer Lebendigkeit aufweist, unter dem Begriff ‚Gaia‘ diskutiert. James Lovelock hatte den Begriff in den 1970er Jahren zum ersten Mal vorgestellt und stieß zunächst auf viel Widerstand in der Wissenschaft. Mit zunehmenden Kenntnissen und Daten hat sich das inzwischen aber gerändert, so dass diese Auffassung von vielen Wissenschaftlern ernst genommen wird. Vgl. Lovelock (2000), Lenton und Latour (2018), 1066–1068, ferner Pelluchon (2021) sowie A. Schad (2023).
- In Band 15 der SKA findet sich auch das umfangreiche Literatur- und Referenzverzeichnis. Wer den Inhalt weiter vertiefen möchte, kann sich dort darüber informieren.