Das Ätherische in der Welt kennenlernen
Wie kann man das Lebendige in der Welt, das Ätherische, näher kennenlernen?
Wie lässt sich das Ätherische in seinem Wirken studieren?
Welche weiterführenden Werke kann man dazu finden?
Formen des Lebendigen
In den letzten 100 Jahren ist sehr viel zum Verständnis der ätherischen Kräfte erarbeitet worden. Hermann Poppelbaum (1891–1979), der spätere Leiter der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum, hatte schon 1924 eine Studie veröffentlicht mit dem Titel „Der Bildekräfteleib der Lebewesen als Gegenstand wissenschaftlicher Erfahrung“ . Darin fasst er die Ergebnisse seiner Forschung so zusammen:
„Der Organismus ist keine Summe aneinandergefügter Bausteine, sondern ein sinnvolles Ganzes ineinandergefügter Glieder. Die Kluft zwischen Lebendigem und Unbelebtem wird an ihm sichtbar. Es gilt zu erfassen, wie sich hier zwei Welten gegenüberstehen. Auf der einen Seite die Welt der einander verdrängenden, sich gegeneinander abschließenden, undurchdringlichen, unbelebten Gegenstände – auf der anderen Seite die Welt der einander durchdringenden, durcheinander hindurchwirkenden Formen des Lebendigen. Dort Zentralkräfte, hier Universalkräfte. Dort Mechanismen, hier Organismen. Dort Fertiges, hier Werdendes. Dort nur Irdisches, hier Kosmisches. Dort Totes, hier Lebendiges.“1
Belege für ätherisches Wirken suchen
Belege für das Wirken des Ätherischen finden sich laut Rudolf Steiner
in der Faktenfülle naturwissenschaftlicher Forschung, wie z.B. in der Embryologie und Botanik,
aber auch in der Philosophie,
der projektiven Geometrie,
der übenden Selbsterfahrung
-
und der künstlerischen Tätigkeit, durch die zuvor Unsichtbares kreativ sichtbar gemacht werden kann.
Das zeigt, dass es unterschiedliche Zugänge gibt, über die man sich schrittweise mit dem Wirken des Ätherischen vertraut machen kann. Im Folgenden sei auf einige davon näher eingegangen.
1. Schritt: Das Ätherische als Phänomen wahrnehmen
„Das Ätherische“ wird von Rudolf Steiner als Terminus für die Wachstums- und Gedankenkräfte eingeführt „im Einklange mit älteren instinktiven Ahnungen dieser Welt“. Dieser Begriff hat gegenwärtig keinen Erkenntniswert, weil er für das moderne Bewusstsein keinen Realitätsbezug mehr herstellen kann.
Wer sich jedoch die Wortbedeutung klarmacht, dass αἰθήρ im Griechischen Himmel heißt, – αἰθρια Himmelsglanz, heiterer Himmel, freier Himmel und αἰθήριος luftig, ‚ätherisch’ – dem erscheint diese Namensgebung einleuchtend. Man ‚sieht’ förmlich den Äther, wenn man den die Erde umgebenden blauen Himmelsraum anschaut. Auch die peripherisch angreifenden ätherischen Kräfte und Gesetzmäßigkeiten, die mit dem Licht und der Wärme auf die Erde einstrahlen, finden dadurch eine adäquate Namensgebung.
Ohne die durchsonnte Luft, die das Himmelsblau zur Erscheinung bringt, wäre Leben auf der Erde nicht möglich. Denn die Pflanzen leben von der Sonnenenergie, die sich durch die Lufthülle der Erde so abmildert, dass Lebendiges auf der Erde gedeihen kann.
2. Schritt: Doppelnatur des Ätherischen als Arbeitshypothese nehmen
Im 1. Kapitel des Grundlagenwerkes zur Anthroposophischen Medizin „Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst“2, das von Rudolf Steiner und Ita Wegman gemeinsam verfasst wurde, sprechen die Autoren von der Metamorphose der Ätherkräfte von Wachstumskräften in Gedankenkräfte, die unserem Denkvermögen zugrunde liegt (vgl. Doppelnatur des Ätherischen: Wachstums- und Gedankenkraft).
Man hat nun die Möglichkeit, die gemeinsame ätherische Quelle von Lebens- und Denktätigkeit im Menschen zunächst – so wie andere Ergebnisse aus Steiners Forschung auch – als Arbeitshypothese zu nehmen und auf die Suche zu gehen nach möglichen Belegen für diese Hypothese.
3. Schritt: Das Ätherische in der Realität der Gedanken finden
Wer sich noch kein zureichendes Verständnis vom Wesen der ätherischen Kräfte erworben hat, sodass er oder sie diese Welt noch nicht in ihrer voll inhaltlichen Lebendigkeit zu erleben vermag, kann sich schrittweise eine von Gewissheit begleitete Anschauung selbst erarbeiten - indem er oder sie den spirituellen Schulungsweg beschreitet und sich so selbst von der Realität und Macht der Gedanken im eigenen Leben überzeugt (vgl. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung: Der individuelle Schulungsweg).
Einen guten Einstieg bietet das Selbstschulungsbuch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“.3
4. Schritt: Werke zur Natur des Ätherischen studieren
In dem Sammelband „Erscheinungsformen des Ätherischen“4 sowie der umfangreichen goetheanistischen Literatur von Biologen wie Friedrich Kipp, Wolfgang Schad, Ernst Michael Kranich, Andreas Suchantke, Thomas Göbel, Bernd Rosslenbroich wurden Aspekte des Ätherischen auf den Gebieten der Botanik, der Zoologie, und Kosmologie weiter vertieft.5
In dem von Thomas Göbel eigens zu dem Zweck goetheanistischer Forschung begründeten „Carl Gustav-Carus-Institut“ sowie am Lehrstuhl für Evolutionsbiologie und Morphologie an der UW/H sind eine Vielzahl weiterer Publikationen und Einzeluntersuchungen erschienen.
In dem von Thomas Göbel eigens zu dem Zweck goetheanistischer Forschung begründeten „Carl Gustav-Carus-Institut“ sowie am Lehrstuhl für Evolutionsbiologie und Morphologie an der UW/H sind eine Vielzahl weiterer Publikationen und Einzeluntersuchungen erschienen.6
Vgl. „Einleitung zu Band 15, Schriften zur Anthroposophischen Medizin, Kritische Edition der Schriften Rudolf Steiners“, frommann-holzboog Verlag, Stuttgart 20257
- Vgl. Poppelbaum [1924].
- Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst, GA 27.
- Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, GA 10.
- Hrsg. von Jochen Bockemühl.
- Siehe auch Heusser u. a. [2016] u. Rosslenbroich [2023].
- Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, GA 10.
- In Band 15 der SKA findet sich auch das umfangreiche Literatur- und Referenzverzeichnis. Wer den Inhalt weiter vertiefen möchte, kann sich dort darüber informieren.