Pädagogische Einflussnahme auf die Wesensglieder
Was ist mit Schicksalsausgleich gemeint?
Was besagt das pädagogische Gesetz?
Wie können Lehrer Einfluss nehmen auf die Wesensglieder der Kinder, um ihnen zu helfen, Einseitigkeiten auszugleichen?
Signale für fehlenden Schicksalsausgleich
Rudolf Steiner sagte, dass Schwierigkeiten, Einseitigkeiten und sogenannte Störungen bei Kindern, aber auch Krankheiten im Allgemeinen, Signale sind für einen fehlenden Schicksalsausgleich sind (vgl. Erziehung: Erziehungseinflüsse und ihre Folgen für die Biografie). Herauszufinden, auf welcher Ebene etwas fehlt, ist eine Herausforderung und Aufgabe für das Ich. Dieser kann man sich fragend annähern:
Will ich wirklich wissen, worum es dabei geht?
Will ich auch wissen, warum gerade ich mit dieser Thematik zu tun habe und nicht irgendein Kollege?
Das sind alles Schicksalsfragen. Letztlich geht es darum, das Schicksal als Schule zu begreifen, durch die ich reifen, nachreifen und über mich hinauswachsen kann.
Das pädagogische Gesetz
Wenn die Schüler empfinden, dass ihr Lehrer sein Schicksal in dieser Weise akzeptiert, können auch sie im Sinne des „pädagogischen Gesetzes“ geheilt werden. Dieses besagt, dass das jeweils nächsthöhere Wesensglied des Pädagogen sich förderlich oder schädigend auf das nächstniedere des Kindes auswirkt: (vgl. Wesensglieder: Wechselwirkungen der Wesensglieder aufeinander):
Was im Ich erlebt wird, ruft im Astralleib Reaktionen hervor.
Wie der Astralleib reagiert und welche Gefühle erregt werden, beeinflusst den Lebenszustand und das Lebensgefühl des Ätherleibes.
Die Verfassung des Ätherleibes hingegen wirkt sich gesundend oder kränkend auf den physischen Leib aus.
- a) Einflussnahme auf die Ich-Organisation
Die Ich-Organisation wirkt über die Wärme. Ein liebevoller Umgang voller Wärme auch in der Schule kann dem Kind helfen, sein Schicksal lieben zu lernen – auch das Schul-Schicksal. So kann der Lehrer über seine Ich-Wärme auf das Kind einwirken.
Dazu kommt ein weiterer Ich-Aspekt im Unterricht zum Tragen. Rudolf Steiner sagt, dass ein durch Anthroposophie geschulter Lehrer ganz aus sich herausgehen soll, wenn er vor den Kindern steht, um sie für den Unterricht zu begeistern. Menschen, die gehemmt und verklemmt sind, die nicht gerne aus sich herausgehen und lieber auf Distanz bleiben, sind nicht gut geeignet für den Lehrerberuf. Man muss sich selbst so vergessen können, dass man ganz aus sich heraus zu den Kindern hingeht und mit der Aufmerksamkeit ganz bei ihnen ist. Dann fühlen sie sich angesprochen. Der Lehrer wird sozusagen zum szenischen Künstler. Eurythmie und Sprachtherapie sind passende Werkzeuge, sich diese Fähigkeit anzueignen. Dadurch reifen der eigene Körper und die eigene Seele nach.
- b) Einflussnahme auf den Astralleib
Der Astralleib hängt mit dem Element Luft zusammen und dadurch mit der Sprache:
Doch wie beruhigt man Kinder über die Sprache?
Indem wir sie so benützen, dass wir die Kinder auch erreichen.
Indem Sprache erst dann erklingt, wenn auch ein Raum vorhanden ist, in dem sie gehört werden kann.
Dieser Hörraum muss aber erst einmal geschaffen werden. In Zusammenarbeit mit den Sprachtherapeuten können wir lernen, wie wir gerade über die Luft, über das Hören und Sprechen, ich-geführt magisch auf den Astralleib und damit auf die Unruhezustände von Kindern heilend einwirken können. Arbeit an der Sprache ist per se beruhigend. Deswegen können Laute auch trösten oder ein „Pssst“ so stark wirken.
- c) Einflussnahme auf den Ätherleib
Den Ätherleib erreicht man
- über das Schaffen guter Gewohnheiten,
- das Setzen von Grenzen
- und einen konsequenten Umgang damit.
Kinder lieben das. Es erstaunt Waldorflehrer manchmal, wenn ein Staatsschullehrer, der an Disziplin gewöhnt ist, neu an die Schule kommt, und die schwierigsten Kinder sich bei ihm plötzlich ganz „normal“ verhalten. Er hat vielleicht nur gelernt, Disziplin einzufordern und ganz klar zu dem zu stehen, was er gesagt hat.
Es geht im Ätherischen also darum, aus dem ich-geführten Bewusstsein heraus Grenzen zu setzen und einzuhalten und dadurch an der Bildung gesunder Gewohnheiten sowie an der Charakterbildung zu arbeiten.
- d) Einflussnahme auf den physischen Leib
Auf den physischen Leib wirken wir ein, indem wir aus der eigenen gesunden Strukturiertheit heraus die richtigen physischen Bedingungen für die Kinder schaffen:
- Gute, frische Luft im Klassenzimmer,
- ästhetische Ordnung,
- genaues Wahrnehmen der Kinder,
- eine passende Sitzordnung,
- die Art, wie auf die Tafel geschrieben wird usw.
Es gibt eine Vielzahl an physischen Möglichkeiten und Instrumenten, die positiv auf die physische Entwicklung der Kinder wirken.
Immer verfügbare Instrumente
Das zeigt: Wir haben extrem hilfreiche Instrumente zur Verfügung, wenn wir uns der Wesensglieder und ihrer Wirkung bewusstwerden:
über die Wärme: z.B. wie wir uns als Pädagogen gebärden, wie wir Leistung beurteilen, wie wir loben, wie wir ein Kind charakterisieren, wie wir Zustände betrachten,
über die Luft: wie wir Sprache benützen,
über das Prozessual-Flüssige: wie wir den Unterricht strukturieren.
Diese Instrumente können wir immer und überall anwenden. Sie wirken unabhängig von einer spezifischen Diagnostik, z.B. aber eben auch, wenn man etwas Spezifisches behandeln will. Das wäre dann der Beitrag des Schularztes, der dem allgemeinen Pädagogischen im Bedarfsfall noch ein besonderes therapeutisches Element hinzuzufügen kann im Sinne einer konkreten Förderung.
Vgl. Vortrag am Thementag „Unruhiges Kind“, Nov. 2012