Grundsteinspruch für die Freie Waldorfschule Stuttgart

Was hat es mit dem Grundsteinspruch für die Waldorfschule auf sich?

Was ist die Kernaussage?

Welche Rolle spielen die Medizin und der Schularzt in diesem Kontext?

Selbstlosigkeit als Prinzip in Medizin und Pädagogik

Es gibt nicht nur die Michaelschule in Form der „Freie Hochschule am Goetheanum“ (vgl. Freie Hochschule für Geisteswissenschaft: Freie Hochschule für Geisteswissenschaft als-Michael-Schule), sondern es gibt laut Rudolf Steiner auch eine christliche Schule, die Schule der Selbstlosigkeit.1 Im Jungmedizinerkurs2 bezeichnete er die Anthroposophische Medizin als Schule der Selbst-losigkeit (vgl. Waldorfpädagogik: Erziehung zur Selbstlosigkeit durch Waldorfpädagogik).

Doch auch die Waldorfschule wurde auf der Basis dieses Prinzips gegründet. Wir als Ärzte versuchen ihr zu dienen, so selbstlos, wie wir es vermögen. Wir sind nicht diejenigen, die sagen, wo es lang geht, sondern wir sind die brüderlichen Begleiter der Eltern, der Lehrer, der Schüler in dieser Schule. Es war immer unsere Philosophie, dass wir nur Dienstleister und Helfer sind als Unterstützung für die Lehrer. Unser Chef ist der „Lehrer der Menschenliebe“, wie es in der Kinderhandlung heißt (vgl. Religion: Religiöse Erziehung als Kontaktaufnahme zum Höheren).

Wenn die Schüler empfinden, dass ihr Lehrer sein Schicksal in dieser Weise akzeptiert, können auch sie im Sinne des „pädagogischen Gesetzes“ geheilt werden. Dieses besagt, dass das jeweils nächsthöhere Wesensglied des Pädagogen sich förderlich oder schädigend auf das nächstniedere des Kindes auswirkt: (vgl. Wesensglieder: Wechselwirkungen der Wesensglieder aufeinander):

Grundsteinspruch für die Freie Waldorfschule Stuttgart

An dieser Stelle möchte ich den Grundsteinspruch erwähnen, den Rudolf Steiner für die Waldorfschule geschrieben hat und den längst nicht jeder kennt.3

Es walte, was Geisteskraft in Liebe
Es wirke, was Geisteslicht in Güte
Aus Herzenssicherheit
Aus Seelenfestigkeit
Dem jungen Menschenwesen
Für des Leibes Arbeitskraft
Für der Seele Innigkeit
Für des Geistes Helligkeit
Erbringen kann.
Dem sei geweiht diese Stätte:
Jugendsinn finde in ihr
Kraft begabte, Licht ergebene
Menschenpfleger.
In ihrem Herzen gedenken des Geistes,
der hier walten soll, die, welche
den Stein zum Sinnbild
hier versenken, auf daß
er festige die Grundlage,
über der leben, walten, wirken soll:
Befreiende Weisheit,
Erstarkende Geistesmacht,
Sich offenbarendes Geistesleben.
Dies möchten sie bekennen:
In Christi Namen
In reinen Absichten,
Mit gutem Willen.

Orientierung der Waldorfschule

In diesem Spruch wird gesagt, welche Aufgabe die Schule hat. Und von der Betrachtung der Aufgabe geht es in die Umsetzung, indem gesagt wird: „Dies wollen sie ...“ Damit sind die 42 Menschen gemeint, die diesen Grundsteinspruch, der in Stuttgart in die Erde versenkt wurde, unterschrieben haben.

Der Kernsatz davon lautet: „Dies wollen sie bekennen: In Christi Namen, mit reinen Absichten, in gutem Willen.“ Dieser Grundsteinspruch endet in einem Bekenntnis, dass man in dieser Schule in Christi Namen arbeiten will. Ein unvorstellbar hoher und andererseits auch wieder so normaler Anspruch, wenn man sich vielleicht überlegt, wer uns alle erzieht: Jesus Christus. Der Christus ist das Vorbild für uns Menschen, an dem wir uns orientieren vgl. Christus heute: Christusimpuls als Schule der Selbstlosigkeit).

Vgl. Vortrag an der Schulärztetagung 2012

  1. Rudolf Steiner, Die Vier Christus-Opfer. Die drei Vorstufen des Mysteriums von Golgatha, gehalten in Basel, 1. Juni 1914.
  2. Rudolf Steiner, Jungmedizinerkurs, GA 316.
  3. Ansprache vom 7. 9. 1919, in: Rudolf Steiner in der Waldorfschule, GA 298.

Waldorfpädagogik